Topographie musikbezogener Metaphern auf empirischer Basis 49 (S. 8) bezeichnet. Oder umgekehrt: » Unser Sprechen über Situationen, unsere Wahr-nehmung und auch unsere Erfahrung [sind] metaphorisch strukturiert.« 17 Metapher ist kein Mittel außergewöhnlicher (poetischer) Sprache, es ist nicht einmal ein rein sprachliches Mittel; vielmehr gilt nach Lakoff, » dass die Metapher unser Alltagsleben durchdringt, und zwar nicht nur unsere Sprache, sondern auch unser Denken und Handeln. Unser alltägliches Konzeptsystem, nach dem wir so-wohl denken als auch handeln, ist im Kern und grundsätzlich metaphorisch.« 18 Und weiter: » Unsere Konzepte strukturieren das, was wir wahrnehmen, wie wir uns in der Welt bewegen und wie wir uns auf andere Menschen beziehen […] Unse-re Art zu denken, unser Erleben und unser Alltagshandeln ist weitgehend eine Sa-che der Metapher.« 19 Zum Beispiel wird die Zeit, für die wir ja kein eigenes Sinnes-organ haben, metaphorisch als Bewegung im Raum konzeptualisiert, z. B. als eine Wegstrecke, die wir durchmessen. Eine Wegstrecke kann kurz oder lang sein, ent-sprechend brauchen wir dafür wenig oder mehr Zeit. Verstreichende Zeit ist Bewe-gung entweder eines Objekts, das an mir vorbeizieht, oder sie ist meine Bewegung in einer Landschaft. Vor mir liegt die Zukunft, hinter mir die Vergangenheit. Man muss also unterscheiden: zwischen einer Metapher als rhetorischer Sprach- gur und einer Metapher, die unsere Wahrnehmung, Fühlen und Denken struktu-riert und deshalb konzeptionelle Metapher genannt wird.Wenn jemand » mit Pauken und Trompeten « durch sein Examen fällt, so ist dies eine rhetorische Figur im traditionellen Sinn. Dagegen macht das oben angeführte Zitat der Gebrüder Grimm (» das gehör ist der innigste, der tiefste der sinne « ) Gebrauch von metaphorischer Denkweise im Sinn der Neueren Linguistik. Denn das Wort ›in-nigste‹ weist darauf, dass es wie bei einem Gefäß ein Innen und ein Außen gibt, oder das Wort ›tiefste‹, dass es wie beim Raum ein Hoch und ein Tief gibt. Der Prozess einer konzeptionellen Metapher hat eine charakteristische Richtung. Diese führt von konkreten Erfahrungen zum abstrakten Denken. Entsprechend gibt es ein systematisches Mapping zwischen Quellen- und Zieldomänen. Das Wortfeld der Quellendomäne wird komplett übertragen auf den Zielbereich, so dass für letz-teren wie selbstverständlich ein umfangreiches Vokabular zur Verfügung steht. Ver-mittelt durch Allgemeinvorstellungen, beispielsweise einer Reise (für die Liebe), ei-nes Weges (für die Zeit), eines Behältnisses (für Emotionen) oder eines Gebäudes (für eine Theorie) usw. wird die abstrakte Zieldomäne (be)greifbar, somit verständ-lich. Noch einmal Lakoff: » Metaphorische Mappings erhalten die kognitive Topolo-gie (das heißt die Struktur des Vorstellungsschemas) des Quellenbereichs auf eine Art und Weise, dass sie konsistent ist mit der inneren Struktur der Zieldomäne.« 20 Wieso führt die konzeptionelle Metapher eindeutig in eine Richtung? Mark Johnson (1987) hat dies in seiner Abhandlung The body in the mind herausgearbeitet. 17 George Lakoff und Mark Johnson: Leben in Metaphern. Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern [Me-taphors we live by, Chicago 1980]. 5. Auf. 2007, S. 65.18 Ebd., S. 11.19 Ebd.20 George Lakoff: The contemporary theory of metaphor, in: Andrew Ortony (Hg.), Metaphor and thought. Cambridge: Cambridge Univ. Press. 1993, S. 215.