Topographie musikbezogener Metaphern auf empirischer Basis 69 Musikalische Strukturen weisen nach Nelson Goodmans Ansatz » nicht nur po-tentiell auf andere musikalische Strukturen, sondern auf Außermusikalisches – auf Welt, auf Selbst, auf Wirklichkeit (im Werk und/oder der Welt) oder Möglichkeit (in Welt oder Selbst). Denn es gilt im Gedächtnis zu behalten, dass künstlerisch verkör-perte, also exempli zierte Label wie Prädikate fungieren. Und Prädikate auf Welt angewendet strukturieren, formen diese Welt – ebenso übrigens wie Gefühlsprädi-kate (z. B. ›traurig‹), wenn sie auf Innenwelt angewendet werden. Solche nicht-ver-balen Prädikate oder Strukturen sind gleichsam wie Brillen: mit ihnen strukturiert sich Welt und Selbst anders (um) als ohne sie. Mit ihnen fallen andere Aspekte der Wahrnehmung zu als ohne sie – bzw. als mit anderen. So kann ein neues Wahrneh-mungsvokabular, das Musik bereitstellt, neue Erfahrungsweisen der Welt mit sich bringen.« 40 Die Diskurse über den Zusammenhang von Sprache und Musik bleiben, wie Adorno beispielhaft gezeigt hat, fragmenthaft. Bisher führen sie nicht zu de niti-ven, methodisch belastbaren Erkenntnissen, offensichtlich ist ein eindeutiger Zu-sammenhang nicht herstellbar. Alles, was wir mit sprachlichen Mitteln über Musik sagen, ist und bleibt, und darin ist Eduard Hanslick völlig im Recht, Metapher. Un-sere Überlegungen führen dieses Statement aber einen Schritt weiter: die Musik selbst ist eine konzeptionelle Metapher unserer Existenz, sie stürzt uns in konkrete Erfahrungen (in sinnliche, emotionale, geistige Erfahrungen als Basis vielfältiger Imaginationen); diese Imaginationen lassen sich auf unser Leben übertragen. Die Musik wäre dann ein Als-ob, ein Déjà vu unseres Lebens.40 Ebd., S. 4 und S. 7f.