80 Gunter Kreutz wickeln. Dabei sind Motivationen und Einstellungen aus Schülersicht ebenso zu be-rücksichtigen wie koedukative Kontexte sowie Beziehungen zwischen Singen, In-strumentalspiel und musikalischen Präferenzen. Immerhin legt eine Befragung von 1016 Schülerinnen und Schülern im Alter von zehn bis zwölf Jahren im Rahmen ei-ner Untersuchung von Magnus Gaul 32 nahe, dass zwei Drittel (67 %) gerne sin-gen.33 Laiensängerinnen und Laiensänger gehen nachhaltige und langfristige soziale Bin-dungen in ihren Chören und Singgemeinschaften ein. Dies belegt eine jüngere Stu-die im deutschsprachigen Raum unter Chormitgliedern (N = 3145), die teils im Deutschen Chorverband organisiert sind oder auch als freie Projektchöre sich for-mieren.34 Die Choristen waren zum Zeitpunkt der Erhebung im Durchschnitt fast zwanzig Jahre lang aktiv. Gemessen am retrospektiven Lebensalter zum Zeitpunkt erster Chorerfahrungen und einem heutigen Durchschnittsalter von etwas über 40 Lebensjahren zeigt sich, dass Personen in dieser Kohorte im Mittel lediglich fünf Jahre ihres Erwachsenenlebens ohne Choraktivitäten verbracht haben. Erste Chor-erfahrungen wurden zu etwa zwei Dritteln vor dem 20. Lebensjahr gemacht, wobei die Hälfte der Primärerfahrungen auf das Konto von Schulchören ging. Wie sind solche nachhaltigen Bindungen zu erklären? Zu bemerken ist, dass in der Stichprobe auffällig viele Akademiker sowie eine viel geringere Zahl von Perso-nen ohne Beruf oder Ausbildung zu nden waren, als dies aus statistischen Grün-den zu erwarten gewesen wäre. Zudem hatten ungefähr drei Viertel der Befragten im Laufe ihres Lebens Musikinstrumente erlernt. So nimmt es nicht Wunder, dass in der Gesamtstichprobe gute bis sehr gute Notenkenntnisse in einem sehr hohen Maß vorhanden waren. Die Stimmgesundheit von professionellen Sängerinnen und Sängern wurde in der Vergangenheit vergleichsweise intensiv beforscht.35 Dabei stehen Probleme des Vokalapparats aufgrund seiner hohen Beanspruchung weit im Vordergrund. Lang-zeitliche gesundheitliche Auswirkungen von Laiensingen und -musizieren sind in-dessen wenig erforscht worden. Tatsächlich zeigen Stimmfeldmessungen bei er-wachsenen Personen, die nicht professionell singen, nach einem mehrwöchigen Ge-sangsunterricht deutliche Veränderungen im Sinne von verbessertem Tonumfang und verbesserter Dynamik der Stimmen.36,37 Insofern dürften gesangliche Übungen der Stimme in wöchentlichen Proben nebst gelegentlichen Auftritten für die Stimm-gesundheit sogar über die gesamte Lebensspanne prophylaktisch bedeutsam sein. 32 Magnus Gaul, Musikunterricht aus Schülersicht. Eine empirische Studie an Grundschulen, Mainz 2009.33 Gaul, 2009, S. 351.34 Gunter Kreutz, Peter Brünger, Musikalische und soziale Voraussetzungen des Singens: eine Studie un-ter deutschsprachigen Chorsängern, Musicae Scientiae, Online First, 2012.35 Robert T Sataloff, Professional singers: the science and art of clinical care, American Journal of Otolaryngology, 2(3), 1981, S. 251–266.36 Wendy DeLeo Le Borgne, Barbara D. Weinreich, Phonetogram changes for trained singers over a nine-month period of vocal training. Journal of Voice 16(1), 2002, S. 37–43.37 Ana P. Mendes, Howard B. Rothman, Christine Sapienza, W. S. Brown Jr., Effects of vocal training on the acoustic parameters of the singing voice. Journal of Voice 17(4), 2003, S. 529–43.