Metaphern, die die Musik bedeuten 139 Künstler fügten sich nicht nur ein in das System, sondern gingen konform mit Ideen des Faschismus. » [D]ie ästhetische Moderne zeigte […] eine offene Neigung für au-toritäre, wenn nicht für totalitäre Weltsichten « (Lepenies 2008, S. 109). Eine humanistisch geprägte Bildung mag das ganze Gegenteil – als erträumt – mitunter befördern: Nicht humane Gesinnung, sondern ein totalitärer Geist haust in einer zweckfreien Bildung, die sich ihrer zu selbstgewiss ist. Der Glaube, durch die explizite Auseinandersetzung mit Kultur würde ein kultivierter Mensch in Szene gesetzt, der auch sittlich vertretbare Werte pfegen würde, ist nicht sehr plausibel angesichts der Ereignisse im letzten Jahrhundert. » Kultivierte Leute verhalten sich vielleicht um eine Spur gesitteter als unkultivierte, derbe und rohe, die nichts als bloße Gewalt kennen. Aber eine stetige Beschäftigung mit Kultur verbessert den Menschen nicht unbedingt. Den Obersturmbannführer, der in Auschwitz Bach hör-te, soll es schließlich gegeben haben. Ich fürchte sogar, dass jemand, der über die Maßen kultiviert und sensibel für Schönes ist und darin einen großen Teil seines Menschseins verwirklicht, möglicherweise im Privatleben jene dunklen und schmutzigen Seiten, die auch zum Menschen gehören, umso heftiger und unge-hemmter herauslässt « (Kaiser 2008, S. 229). Die humanistische Bildung stand nicht abseits des Systems Nationalsozialismus, sondern war verwobener Teil desselben mit ihren zunächst einmal unpolitischen Vorstellungen zur Kunst mit einer vorgeb-lichen Zeitlosigkeit, Universalität, zuletzt Einzigartigkeit, Authentizität, Wahrhaftigkeit, die aber einen verhängnisvollen Schweif nach sich ziehen. » Das gebildete Bürger-tum, das um 1900 den ästhetischen Aufbruch maßgeblich geprägt und getragen hat-te, konnte sich in Hitlers Kunstverständnis wieder nden. Es konnte sich auch wie-der nden in dem, was er vernichten wollte, das Form- und Ortlose, das Fremde und Wurzellose « (Martynkewicz 2009, S. 466). Gerade Metaphern von Überzeitlich-keit, Authentischen und manchem mehr sind es, denen ein humanes Antlitz fehlt, ob-wohl gerade mit ihnen der Versuch gemacht ist, eine Unterscheidung einzuführen, über die Humanität sich vorbildhaft de nieren mag. Begriffe wie die genannten, die vom Einzigartigen und Wahren sprechen, tragen in sich den Keim des Totalitären, da sie mit extremen Ausschlussmechanismen arbeiten. Das Einzigartige, Universale duldet keinen weiteren Partner neben sich.Es lässt sich die These formulieren: Die Inhumanität wohnt dem sich bildenden hu-manen Charakter (latent) inne, und dies gilt ganz allgemein auch jenseits faschisti-scher Ideologie. Das Bewusstsein für Kunst mit ideellem Mehrwert, die zum Denk-mal erhoben wird, lässt gerade jene Humanität vermissen, die beschworen wird, denn sie erhebt den unantastbaren Kunstschrein über den Menschen, der – sofern er sich nur hinreichend Mühe gibt – graduell Anteil nehmen kann und darf am blei-bend unterstellten Wert der Kunst. » Der kultartige Fanatismus der modernen Kunst- und Musikwelt ist dabei der Politik des Faschismus nicht unverwandt: Beide versuchen, die Welt nach utopischen Modell umzugestalten « (Ross 2009, S. 51). Der Einzelne darf an absolut/autonom sich gerierenden Künsten – die losgelöst vom welt-lichen Tand und Zwecken sein sollen – sich erbauen und soll – so die Heilsbotschaft – an ihr wachsen. Diesen herausragenden Stellenwert absolut/autonom sich vorstel-