Metaphern, die die Musik bedeuten 143 der Selbstbildung eine neue Freiheit und Demokratisierungsprozessen Raum gibt, denn die regelgeleitete Anteilnahme an Kunstgenüssen » war früher Teil eines dis-tinguierten sozialen Status, da sie in der Regel auf besonders günstigen ökonomi-schen Verhältnissen und » höherer « Bildung beruhte. Jetzt hingegen, im Schmelztie-gel der Erlebnisgesellschaft, hat die Bindung an die Hochkultur die Funktion eines Zeichens von Distinktion weithin eingebüßt; sie erfolgt aufgrund von individueller Wahl und ist im wesentlichen ein Merkmal des Einzelnen ohne Anspruch auf einen gehobenen gesellschaftlichen Rang. Auch mit lebensphilosophischen Maximen ist das Hochkulturschema kaum noch verknüpft; die Anhängerschaft bewundert Kunst- und Literaturwerke unterschiedlicher Provenienz und Weltanschauung « (Fuhrmann 2004, S. 211f.).Bildungswandel oder: Metapher – Medium – Musikverstehen Offenkundig tragen diese vermeintlich positiv konnotierten Metaphern neuhuma-nistischer Prägung nicht mehr. Das überkommene Weltbild (neu-)humanistischer Bil-dung, abgeleitet aus spezi schen Medienschaltungen, wird – wo dies anzutragen versucht wird – auf Verhältnisse übertragen, in denen vollkommen andere Medien-verhältnisse und -botschaften gelten. Und das schreibt sich restaurativ und hatte noch nie eine Zukunft. Bedingungen des Menschseins verändern sich, sie sind dy-namisch zu denken und sind nicht ein für allemal festgelegt. Das dynamische Mo-ment, das eine conditio humana auszeichnet, ist von mancherlei Faktoren abhängig, zu denen auch die medialen Ausformungen gehören, die ausloten und vorgeben, was unter Bildung und Wissen zu verstehen ist. Medien formen Gedächtnisspuren. Die Renaissance und der daraus geborene Humanismus wäre ohne die Gutenbergsche Technisierung des Buchdrucks und die Verbreitung fast vergessener Schriften kaum zu realisieren gewesen. Mit der Lektü-re jener Schriften wurde der Mensch in den Mittelpunkt gerückt. Die Medientechnik des 15. Jahrhunderts beförderte oder unterstützte so völlig neue Gedankenwelten und gebar eine neue Welt. Mit dem Druck einher geht allerdings auch gleichzeitig die problematische Vorstellung von der Autonomie des zwischen Buchdeckeln Ge-pressten, in sich Geschlossenen und aus der Zeit Herausgehobenen, das späterhin auch der Kunst in ihrer weiteren Ausdifferenzierung eine Denkrichtung und Men-schen jenen spezi schen (neu-)humanistischen Bildungsgrund gibt, der nach Autono-mie strebt und zum Gehorsam sich fügt. Die Medientechnik des 20./21. Jahrhun-derts verfügt einen erneuten Innovationsschub und hat wiederum eine neue Welt – erst in ihren Anfängen stehend – entwerfen lassen, die das Komplexitätsniveau abermals steigert mithin auch dadurch, dass die Geschlossenheit von Kommunika-tion – wie beim Hypertext – in Fragmente zerfällt, die zu neuen Sichtweisen inspi -rieren. Und auch das lässt das, was Bildung, Wissen, Musikverstehen für ein in Be-wegung stehende Gesellschaft sein mögen, nicht unbeeinfusst. Was Bildung sei, ist nicht festzustellen wie dies mit einem zeitlos verorteten Kanon bspw. versucht wird, sondern bleibt im Flusse. Ubiquität schlägt Universalität. An die Stelle der Rezep-