150 Arne Bense die Tatsache, dass ein kleiner Tastendruck einen gigantisch lauten Klang oder eine ganze Kette von Tönen, Geräuschen oder Loops auslösen kann, durchaus in einem gewissen Gegensatz zur allgemein verbreiteten Auffassung von Musikinstrumenten steht. Spitzt man diese Ausführungen zu, ließe sich konstatieren, dass sich das Kon-zept des Musikinstruments in einer Krise be ndet. Die Vermutung, dass bereits der Einsatz eines Wiedergabemediums als Instrument (z. B. Schallplattenspieler) in der musique concrète Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts (Schaeffer 1974) und wenig später durch die Turntable-Kultur der Disco- und HipHop-Szene heutzutage noch weitgehend unverstanden ist, deutet einen gleich mehrfach und epochenweise ver-schlafenen Medienwandel an, der die neuere systematische Musikwissenschaft vor große Herausforderungen stellt.Wenn virtuelle Instrumente als Formen des digitalen Mediums das Thema in Be-zug auf aktuelle Musikproduktionsverfahren sind, gilt es, einen genaueren Blick auf ihre Materie zu werfen. Wider Erwarten passt dieser Begriff hier sehr gut: Materie im ursprünglichen Sinn, als unbestimmtes Substrat, das für Formungen empfäng-lich und auf diese sogar angewiesen ist.Im Medium der Virtualität erscheint die Metapher hier als eine der populären Formen. Die cloud, das Netz, der Hacker, Daten werden herauf- und heruntergela-den, Cybernauten bewegen sich durch unendliche Weiten, ein expandierendes Uni-versum. Digitale Virtualität wird mit Metaphern bezeichnet, die uns helfen, die Her-ausforderungen, vor die uns digitale Medien stellen, zu bewältigen. Wie die Simula-tion sind sie eine Form des Umgangs mit Neuen Medien. Jedoch ist nicht alles, was dieses Medium an Formen zulässt, zwangsläu g metaphorisch. So sind im Themen-feld Begriffe wie Simulation, Metapher und Virtualität voneinander zu unterschei-den. Insbesondere der Cyberspace ist zunächst keine Metapher, wie später noch zu zeigen sein wird.Medienepistemologie Vor allem für die 1990er Jahre lässt sich im Diskurs über die Verbreitung der Virtua-lität eine Furcht vor einer » Derealisierung « der Realität beobachten: die Welt der harten Fakten der Realität verschwände? langsam und würde durch eine zweite Welt der Simulacra ersetzt. Diese Furcht vor einem Realitätsverlust wird besonders dann als Strategie erkennbar, wenn sie dafür benutzt wird, Objekte zu verkaufen. So etwa bei der Faderbox BCF2000 des Herstellers Behringer:Die umwerfende B-CONTROL-Serie vereint die schier grenzenlose Vielseitig-keit von Audio Software mit dem Gefühl, das nur echte Regler und Fader ver-mitteln können. Sie bekommen endlich die Möglichkeit, mit Hilfe von echten Fadern und Reglern Programme wie z. B. Cubase ® , Cakewalk ® und Logic Au-dio ® zu steuern. Von nun an kann am Computer intuitiv Musik gemacht und produziert werden – und nicht mehr abstrakt.6 6 Online im Internet: http://www.thomann.de/de/behringer_ bcf_ 2000.htm, Zugriff am 10.10.2011.