Instrument, Virtualität, Metapher 153 früh als Oxymoron wahrgenommen wurde und beide Begriffe, » Virtualität « und » Realität « , begriffshistorisch aufgeladen sind, dürfte dazu beigetragen haben, dass eine begriffiche Verschiebung vorgenommen wurde.Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass vollständig immersive virtuelle Räume als massenhaft verfügbares Dispositiv (vorerst) Fiktion bleiben und die alltäglichen virtuellen Umgebungen der Bildschirme und ihrer Anwendungen anders beschrie-ben werden müssen, führt Lev Manovich den Begriff augmented space ein, der Vir-tualität als Erweiterung des Raums versteht. Einerseits weist dies eine gewisse Nähe zum spatial turn der Geistes- und Sozialwissenschaften auf, andererseits ist Raum im Diskurs um digitale Virtualität schon von Beginn an, namentlich mit Gibsons cy-berspace, im Spiel. Roesler und Stiegler de nieren:» Cyberspace « ist eine neue Wortschöpfung aus den Komposita » cyber « und » space « . Die Vorsilbe » cyber « geht auf das griechische Wort » kybernetes « zu-rück, was ursprünglich » Steuermann « heißt, » space « kommt vom lateinischen » spatium « , was » Abstand « und » Raum « bedeutet.14 Raum als Medium der Systemtheorie Der Gedanke, dass digitale Virtualität unser Raumverständnis betrifft, führt zu-nächst weg vom allein begriffich problematischen Oxymoron VR und könnte – ana-log zu Entwicklungen der Sozialwissenschaften – als spatial turn der Medienwissen-schaften bezeichnet werden.Es ist in Folge möglich, aus dem kybernetischen Raum nun eine Metapher zu konstruieren: Cybernauten, die in einem scheinbar endlosen Raum durch ein weiter expandierendes Universum surfen und sich bei genauerer Betrachtung doch nur durch ein globales Dorf bewegt haben. In einer solchen Analogie, die in Teilen hilf-reich und notwendig gewesen sein mag, kommt letztlich jedoch vor allem ein Gut-teil Ratlosigkeit diesem neuen Medium gegenüber zum Ausdruck. Wie aber könnte ein Raumbegriff aussehen, der ohne Bedeutungsübertragung und Analogie aus-kommt?In der Systemtheorie wird Raum als Ordnungsprinzip verstanden, das als Medi-um erst im Gebrauch von Objekten entsteht und niemals » an sich « wahrnehmbar ist. Raum ist also synthetisiert, es gibt ihn nicht » an sich « , sondern immer nur durch die Objekte (Formen), die diesen Raum (das Medium) besetzen.15 Gibson und Ma-novich haben bereits verstanden, dass digitale Virtualität Auswirkungen auf unser Raumverständnis hat. Das Konzept » Raum als Medium « weist darauf hin, dass Raum immer schon eine gewisse Syntheseleistung erfordert und die oftmals vorge-fundene Distinktion realer/virtueller Raum durch ein übergreifendes Konzept eines medialen Raums ersetzt werden muss, der nie ontologisch, sondern als konstruiert verstanden wird.14 Roesler 2005: 59.15 Vgl. Luhmann 1995: 179.