» Sonic Fiction « – Zum Begreifen musikalisch-medialer Gestaltung Ein Plädoyer zum (Wieder-)Lesen der Textsammlung » Heller als die Sonne « von Kodwo Eshun » Sonic Fiction « – Zum Begreifen musikalisch-medialer Gestaltung Rolf Großmann Mit seinem » Sonic Fiction « - Band 1 hat der der britische Musikjournalist Kodwo Eshun 1998 eine vielbeachtete Textsammlung zur Diskussion um populäre Formen der elektronischen Musik vorgelegt. Dort operiert der Breakbeat » als Motion-Captu-re-Standbild « , schwarze Musik wird im Disco » an das metronomische Fließband verfüttert « und das » Mixadelic Universe « erforscht. In Eshuns eigenen Worten ist » Heller als die Sonne « » eine Mechanographie, eine omnidirektionale Erkundung der Mechanoinformatik und des geheimen Lebens der Maschinen, die die gewaltige und bislang unbeachtete Ko-Evolution von Menschen und Maschinen im Black At-lantic-Futurismus des späten 20. Jahrhunderts enthüllt.« 2 Soweit ein erster Aus-schnitt aus der metaphorischen Sprache der Sonic Fiction Kodwo Eshuns. Brauchen wir eine solche Maschinenästhetik und die entsprechende Metaphorik zur Beschrei-bung der medienästhetischen Praxis des 21. Jahrhunderts, oder ist hier überholte Maschinenverherrlichung am Werk, die im italienischen Futurismus Anfang des 20. Jahrhunderts besser aufgehoben wäre?Diese vielleicht auf den ersten Blick befremdlichen Metaphern und Neologismen zur Beschreibung musikalischer Phänomene sind allerdings keineswegs aus der Luft gegriffene Phantasmen eines Exzentrikers, sondern gründen in der Tradition des Afrofuturismus und seiner technikkulturellen Perspektive. Im Vergleich bei-spielsweise zu den einfachen Technomorphismen des » digitalen Ohrs « bei Arthur Kroker 3 , aber auch zu nüchternen Anleitungen zum » Critical Listening « 4 in Audio-produktionen ist Eshuns Ansatz wesentlich umfassender angelegt. Seine Wortbil-dungen und Metaphern dienen zur Kritik bestehender wissenschaftlicher Positio-1 Kodwo Eshun, Heller als die Sonne. Abenteuer in der Sonic Fiction, Berlin 1999 (engl. OA London 1998).2 Eshun 1999, Einleitung S. -002.3 Arthur Kroker, Spasm: Virtual Reality, Android Music, Electric Flesh, Montreal 1993; deutsche Ausgabe: Arthur Kroker, Der digitale Körper, Bern 1996.4 Jason Corey, Audio Production and Critical Listening. Technical Ear Training, Amsterdam 2010.