176 Werner Jauk durch eine Theorie bestimmt, die mit sprachlicher Metaphorik aus dem Sehen musi-kalische Erscheinungen beschreibt und zu verstehen versucht?Gerade das wird als kulturelle Leistung betrachtet – in einer Kultur, die sich als Beherrschung und Überwindung von Natur begreift, die eine kulturelle Überfor-mung des Emotionslautes/-verhaltens als ihre Rationalisierung betrachtet. Darin liegt möglicherweise die Dominanz bildhafter Metaphern und deren Logik in der Musik begründet.In der Nähe ihres konzeptuellen Verständnisses bezeichnet Metapher einen Pro-zess der Übertragung von Erfahrungsbereichen, von Begriffenem mit (spezi scher) sensomotorischer Basis. Hier manifestiert die intermediale Übertragung die basale intermodale Übertragung. » Metaphorical language is a surface manifestation of conceptual metaphor « (LAKOFF 1993, S. 244).Intermodal meint, dass die Vorstellung aus einer Sinneswahrnehmung auf eine andere übertragen werde, ähnlich der Übertragung von einer Domäne zu einer an-deren. Intermedial meint, dass diese Vorstellung medial repräsentiert sei und über dieses Medium die Übertragung manifestiert werde – ähnlich der Sprache, dem do-minanten Medium der » surface realization of such a cross-domain mapping « (LA-KOFF 1993, S. 203), das darin seinen metaphorischen Ausdruck fände.Es ist davon auszugehen, dass Erfahrung das Produkt einer sinnesspezi schen körperlichen Wahrnehmung ist und zu einem Vorstellungsinhalt – einem embodi-ment – führt, der in Begriffen (sprachlich formalisiert) vermittelt wird. Dies bedeu-tet, dass die intermediale Übertragung die Übertragung der Erfahrung einer Sinnes-modalität auf eine andere impliziert.Die modale Übertragung ist als kognitiver Prozess zu werten und wird im Zu-sammenhang mit Wahrnehmung als Denkleistung betrachtet, als Einordnung neuer Information in bisheriges Erfahrungswissen (vgl. NEISSER 1967).Innerhalb ökologischer Theorien der Wahrnehmung (GIBSON 1982) wird diese zudem als K-U-I aufgefasst, als ökologische Wahrnehmungstätigkeit, die im » Über-leben « motiviert ist (GIBSON 1982). Diese Theorie bindet explizit den Körper in die Ausbildung von Vorstellungsinhalten ein und erklärt das mechanistische System als Formalisierung von embodiments, Erfahrungen aus der K-U-I.Dabei steht ein materieller Körper mit einer materiellen Umgebung in Interak-tion – Bewegung in diesem System führt zur Änderung der Relationen von Körper und Umwelt. Daraus werden Annahmen über das Verhalten der Dinge sowie Zeit- und Raum-Imageries gefolgert. Aus solchen Wahrnehmungstätigkeiten und Wahr-nehmung von Tätigkeiten resultieren Erfahrungen, die dem Körper eingeschrieben sind – embodiments.Die Annahme über die basalen Kräfte in der Körper-Umwelt-Interaktion scheint aus der Erfahrung der eigenen Bewegung generalisiert zu sein. Für die Ausbildung von Zeit-Raum-Imageries ist die eigene körperliche Bewegung nur bedingt von Nö-ten. Zeit-Raum-Imageries werden allgemein aus den Relationen von Körper und Umwelt durch Interaktionen gefolgert – die Kontrolle der Interaktionen durch das auditorische und das visuelle System führen zu unterschiedlichen imageries.