188 Bernd Ternes (mit Hans Peter Weber)mehr oder wenige exklusive Aussagenorganisation poetischer Praktik resp. des poe-tologischen Diskurses ausweisen. Metaphorisierung als grundlegend kognitive Operation des Denkens wäre damit nicht mehr wie bisher als Werkzeug szientisti-scher Verarbeitung von Erleben auszuschließen, sondern im Gegenteil ob ihrer Po-tenzen fürs Verstehen des Erkenntnisgegenstandes neu aufzuschließen. Das soge-nannte Dispositiv ist ein wissenschaftslogisches, von dem aus ein absolut berechtig-tes Inklusionbegehren ausgeht – die Metapher als erkenntnisproduzierendes und erkenntnisdarstellendes Mittel betreffend. Die Argumentation fußt dabei, wenn ich es recht sehe, auf den Kontrollmechanismen szientistischen Diskurses; wie sollte es auch anders sein.Ich möchte darauf im Folgenden im Modus der Bemerkung eingehen, und zwar zweigeteilt in der Darstellung und im Subjekt der Aussage. Im ersten Teil möchte ich mich den Merkmalen und Fallen des Medienbegriffs annähern. Im zweiten Teil wechsele ich von einer medientheoretischen zu einer daseinsanalytischen Betrach-tung, diesmal die Musik als solche betreffend, nicht aber die Beobachtung von Mu-sik. Mir geht es dabei, altmodisch gesprochen, um den Vorrang des sogenannten Objekts gegenüber dem Subjekt im Erkenntnisprozess, mehr noch: um eine viel-leicht andere Gestalt dessen, was Erkennen, oder, wie hier: was Verstehen heißt. Lei -tend wird sein ein Halbsatz Alfred North Whiteheads, nämlich » daß die wichtigste Funktion einer Aussage darin besteht, als Anreiz für das Emp nden relevant zu sein « .1 Ein solches – nennen wir es – Axiom scheint auf den ersten Blick nichts zu tun zu haben mit einer epistemisch geleiteten Aussagenproduktion, der die wich-tigste Funktion einer Aussage natürlich die ist, als Element oder zumindest Moment für das Verstehen innerhalb der Grenzen des sozialen Systems Wissenschaft rele-vant zu sein. Vielmehr könnte man schnell den Verdacht haben, mit solch einer Emp ndungsorientierung der Aussagenproduktion dem Typ vier aus Adornos Ka-talog musikalischen Verhaltens zu entsprechen, dem des emotionalen Hörers: die-sem wird Musik, so Adorno, » wesentlich zur Auslösung sonst verdrängter oder von zivilisatorischen Normen gebändigter Triebregungen, vielfach zur Quelle von Irra-tionalität, die den in den Betrieb rationaler Selbsterhaltung unerbittlich Eingespann-ten noch gestattet, irgend etwas zu fühlen « .2 Doch es geht im Folgenden nicht um die Extensionalität der Begriffe Emotion, Affektion oder Animation, sondern schlicht um das Gefecht aus Anmutung und Zumutung durch Musik.Die hier zu skizzierenden Bemerkungen zur favorisierten daseinsanalytischen Betrachtung von Musik inklusive der Fragen nach dem Musikverstehen, nach den Grenzen und Möglichkeiten kontrollierter sprachlicher Einholung, nach dem Ver-hältnis der Medien der Beobachtung (Sprache) und Medien des Beobachteten (kann man Musik beobachten?) wären gelungen, wenn klar werden würde, dass es mir nicht um eine wie immer dosierte Schmackhaftmachung esoterischen Wissens, dass es mir nicht um eine wie auch immer dosierte polemische Verzerrung szientistischer Standards der Beobachtung, dass es mir nicht um Kultur (im weitesten Sinne) als Ir -1 Alfred North Whitehead, Prozeß und Realität, dt., FFM 1987 [1929], S. 69.2 Theodor W. Adorno, Einleitung in die Musiksoziologie, FFM 1975, S. 21f.