Weder Nomos noch Logos: Melos 189 rationalität bedienendes Kompensat zur Härte zivilisatorischer Analytik geht, son-dern schlicht darum, Musik in weiteren Grenzen denn den wissenschaftssystemi-schen zu verstehen.Beginnen möchte ich indes mit einem abstrakten Aufriss des Begriffs Medium, und zwar so, dass darin die jeweilige Spezi zität des Mediums Metapher wie auch des Mediums Musik noch überspannt bleibt.II Die Form des Mediums kann von vielerlei Stoff, Material, Entität, Sachverhalt und Begriff operationalisiert werden: Das kann Hören sein, Sehen, es kann die Sprache sein, die Schwerkraft, aber auch die Liebe, die Wahrheit, die Macht, Luft. Die ab-strakteste Beschreibung der Form des Mediums ndet man meines Wissens in der Systemtheorie Luhmannscher Bauart: Medium ist eine bestimmte Möglichkeit der Ermöglichung unbestimmter Möglichkeiten, ein loser Zusammenhang bestimmter Elemente, die sich dem Akt der Formung subordinieren lassen. Dieser Annäherung an den Begriff Medium ist eine ebensolche an den Begriff Metapher nicht ganz un-ähnlich, die in undogmatischer Weise davon ausgeht, dass, da es keine analytische Implikation eines Gemeinten in einem begriffichen Inhalt gebe, sich die Extensiona-lität von der Intensionalität eines Bezeichneten löst – und damit einen offenen, va-riabel mit äquivalenten oder dissidenten Zeichen besetzbaren Umraum des Bedeu-tens freigibt, wie Hans Ulrich Reck im Anschluss an Wilhelm Köllers Studie zur Me-tapher ausführt.3 Der Begriff Medium ist nicht zu denken ohne den der Form; beide bilden eine Unterscheidungseinheit, die hoch binnendifferenziert ist, jedoch gleichsam nicht in der Lage ist anzugeben, von was sie sich als Unterscheidungseinheit selbst unter-scheidet. Im Folgenden soll versucht werden, die Unterscheidung ›Medium/Form‹ als Einheit zu unterscheiden von der Unterscheidung ›Inhalt/Form‹.Die Hauptaufgabe der Begriffsunterscheidung liegt darin, sogenanntes Loseres von Festerem zu unterscheiden. Dabei bezeichnet diese Unterscheidung einen Un-terschied im Selben! Peter Fuchs, Systemtheoretiker und Vater vieler Kinder, macht dies immer wieder gerne am Beispiel des Griesbreies deutlich: » Griesbrei ist Gries-brei, aber er kann […] unter der Bedingung unangemessener Hitze oder mangeln-den Rührens verklumpen, kann also […] Formen annehmen, die im weißgelben Brei eine Stabilität entfalten, die sich nur vermittels eines hochtourigen Mixwerks aufö-sen läßt. Der Punkt ist, daß das Medium (Gries) an seinen Verdichtungsstellen (Klumpen) Gries bleibt. Die Form emergiert nicht.« 4 Aber gleichzeitig, um diese Abstraktion weiterzutreiben, besteht das Medium seinerseits aus Formen, die dazu beitragen, dass die jeweilige Stoffichkeit, der je-weilige Sachverhalt tatsächlich die Eigenschaft des Mediums zur Verfügung stellt. 3 Derselbe, Traum Enzyklopädie, München 2010, S. 538–545 (Stichwort: Metapher, Übertragung), hier: S. 538.4 Peter Fuchs, Der Mensch – das Medium der Gesellschaft?, in: ders. und Andreas Göbel (Hg.), Der Mensch – das Medium der Gesellschaft, FFM 1994, S. 15–39, hier: S. 21.