Weder Nomos noch Logos: Melos 191 Schaffen von Kunst, so Belting. Heute allerdings nicht mehr. Die Schlacht zwischen Medium und Form, zwischen Idee und Material sei vorbei; die das Absolute tou-chierende Illusion oder Imagination, etwas zu schaffen, das sich selbst schafft, eine Form zu nden, die ihr eigenes Medium bereitstellt, ein Medium zu kreieren, das seine eigene Form vorstellt, sei ebenfalls am Ende. Resigniert sähe man ein, dass es aus dem Gefängnis ›Medium/Form‹ kein Entrinnen gibt.Ein wirkgeschichtlich mächtiges Experimentieren mit dem Verhältnis zwischen Medium und Form werde nun einkassiert: Auf diesem Terrain drücke sich keine Kultur mehr aus, sondern nur noch Kunst einiger Künstler.Die von Fritz Heider initiierte Unterscheidung zwischen Ding und Medium, die in den 1990er Jahren innerhalb des systemtheoretischen Diskurses als ›Me-dium/Form‹-Unterscheidung reaktualisiert wurde, erlaubte demgegenüber eine elegante Reformulierung der Probleme, die in den Unterscheidungen ›Körper/Geist‹, ›Wesen/Erscheinung‹, ›Inhalt/Form‹ über Jahrhunderte brisant geblieben sind. Mit dieser Reformulierung erfuhr die begriffiche Unterscheidungsseite Medi-um sowohl eine stärkere theoretische Dignität wie auch zugleich eine schwächere Position innerhalb der reellen Praxis; indes um den Preis, als vollständig operational und material geschlossene Sphäre gedacht zu werden, die nichts an Spuren und Er-fahrungen der Formen, die durch sie erst ermöglicht werden, aufnimmt. Die episte-mologisch im Gedankenbild der strukturellen Kopplung verankerte Beziehung von Form und Medium erlaubte nur noch ein Formen (aktiv und passiv) in und mit Me-dien, nicht mehr ein Formen durch Medien.Denn Medien, betrachtet aus einer informationstheoretischen Perspektive, sind ärgerlich und Stachel zugleich, folgt man Fritz Heider. Ein Ding, so de niert Heider, ist wahrnehmbar in einem diese Wahrnehmung vermittelnden Medium. Weil sich vergegenständlichende Dinge der Wahrnehmung verdanken, die ihrerseits nur durch Medien möglich ist, kann kein Ding außerhalb eines Mediums sein. Medien sind so immer ein im besten Wortsinn Mittleres, etwas, das sich zwischen anderen Dingen bewegt. Eben als solche Störenfriede betrachtet Heider zunächst Medien, denn sie können, ja sie müssen die Wahrnehmung von Objekten trüben – man den-ke auch hier an das klassische Beispiel der Lichtbrechung durch das Fensterglas. Heider stellt zwar den Begriff des Medialen inklusive seiner Effekte heraus, unter-wirft ihn aber zugleich einer Ökonomie, die das Bedrohungspotential des Medialen für die Formbildung resp. Systembildung zu minimieren sucht.In dieser Ökonomie wird das Medium, besser: das Mediale in der Medientheorie eine zu vernachlässigende Größe. Mehr noch: Das Verhältnis zwischen Medium und Form verliert vollständig jegliche dialektische Dignität und wandelt sich um in eine Art Binarismus, der durchaus als Erbe der alten ›Subjekt/Objekt‹-Unterschei-dung betrachtet werden kann.IV Für ein Problematisierungsniveau betreffs Erleben und kontrollierter Verarbeitung von Erleben (also Wissenschaft) jenseits der Dialektik haben sich in den letzten 20