Weder Nomos noch Logos: Melos 197 Ebensowenig wie solche kunstkulturelle Durcharbeitungs- und Aufbildungspro-zesse sich an eine performative Natur wenden, ebensowenig agiert der Ausdruck von ›Durchgearbeitetem/Aufgebildetem‹ der ausgelegten Merkmalstrukturen dann in Semantik, d.h.: in zu verstehen gebendem Denken durch umsetzenden Sprach-ausdruck. Er agiert vielmehr in Mantik.Die durch den Künstler in ästhetischen oder anderen Medien geführte Mantik trägt das durchgearbeitet empfundene Phatische (Wirkmalstruktur) in die eigen-schaftsspezi sche (nicht-stumpfe) Stoffichkeit 14 von Medien ein, so dass die daraus entstehende Merkmalstruktur ein stoff-entsprechendes Ausdrucks-Protokoll wird, welches in der Eigenart eines durchgearbeiteten Diagramms auftaucht. Das Dia-gramm der Mantik vereint in sich Spurzüge (grammé) und Züge des Epiphanen, weil es in seiner Transistorik eben dia-phan/-spurig ist – nicht gestisch, sondern spiritu-ell–musizistisch.15 Das im Medium kulturtechnisch umgesetzte ›Werk/Ge-Werk‹ der Merkmalstruktur wird so auch nicht gelesen – es handelt sich nicht um Sprache – sondern: angemutet. Das Organon der Anmutung ist bei Künstlern wie bei Perzipi-enten die Mantik, welche auslösend auf die Phatik wirken muss.Die Mantik liegt in der Hand des Künstlers auch nur, sofern er nicht selbst als Behauptender in Szene tritt (welche ja die Ob-Szene ist), sondern sich selbst zum durcharbeitenden Medium der sich in ihm hochvirulent meldenden phatischen An-mutungen macht.16 Die phatische Anmutung selbst wird nur hochvirulent – und dann als Merkmaligkeit überhaupt erst aufnehmbar (ein spezi scher aktiver take), wenn sich der innere Mental-Apparat des Poeten zum schwach-intelligiblen Krisis-Reaktor macht. Nur in der Krisis-Reaktion kann die phatische, phane Wirkmalstruk-tur überhaupt gehörig merklich aufgebildet werden. Dergestalt also ist der Künstler das Medium seiner prozessierenden heftigen Passivität – just als Passion, welche diese heftig passiv gesteigerte Erfahrung ist, das Durchfahren, das Durchmachen von Personal- und Aggregatkräften in ihrer aufbildeten Hochvirulenz.VIII Indem wir erwarten, dass das Medium – in seiner ausgearbeiteten instrumentalen Anlage – uns versteht, derart, dass es sich auf uns Humankreaturen versteht, erwar-ten wir auch und gerade vom Künstler/Werk/Medium die Em-Phase. Dass es sich auf uns versteht heißt ja, dass es sich auf unsere Personal- und Aggregatkräfte ver-14 Stoff ist nicht Materie. Das kreatürliche Konzept von Stoff registriert die jeweilige komplexe Kompe-tenzen-Ausstattung einer bestimmten Physis, die generell nicht dumpf ist, sondern immer auch vir -tuositäts-begabt (Vorformen des Virtuosen, des Formativen, der Organizität).15 Die Efferenz von Kunstaktionsprozessen gerät weder performativ noch körperhaft oder geistig (kogni-tiv). Performativ sind nur Programme, die organischen Zellen (Körper) wiederum bedürfen keiner existenziellen Grati kation, sie sind auto-matisch begabt; und die Poetik richtet sich nicht an die Ko-gnition, sondern an die Mantik und Phatik (des inneren, enterisch-supremen Neurosensationar/ Emp- nden).16 Wer kultural-künstlerische Authentizität in sich aufagieren will, muss demnach in vielfachen Selbst-Aussetzungen » einiges durchgemacht « haben! Gleichwohl ist er nicht der Beherrschende, der eine systematische Untersuchung voluntaristisch vom Zaun bricht. Es gilt Picassos Statement, als Künstler suche man nicht, man nde; und dies auch nur so, dass man eher heimgesucht werde von der schwa -chen, passionaren Haltung des Denkens: dunkles Finden, welches dann gestiftet wird.