Metaphern sind » Brotverwandlungen des Geistes « 207 auf das menschliche Denken « 19 rühmt. Letztlich ist der zentrale Gedanke der kogni-tiven Metapherntheorie bereits für Jean Paul verbindlich: » Unbekannte Gegenstän-de der Wirklichkeit werden durch den Erfahrungshorizont integriert und zu etwas Eigenem gemacht, indem sie benannt werden. Um aber etwas Fremdes benennen zu können, werden Bezeichnungen bekannter Dinge kombiniert und auf das Unbe-kannte übertragen.« 20 Jean Paul verortet die Metapher in einer Vorschule der Ästhetik, weit ist also noch der Weg, bis die Metapher von diesem speziellen Aspekt der Sprache, nämlich dem des dichterischen, poetischen Sprechens oder einem Spezialproblem der Philoso-phie bei Hans Blumenberg (der sein Interesse von der Philosophie noch hauptsäch-lich auf die Dichtung gelenkt hat 21 ) zu einer » anthropologischen Universalie « 22 her-anwächst. Bei Jean Paul ist die Metapher noch ein Sprachphänomen mit Resonan-zen im Denken, während Lakoff und Johnson 23 den kognitiven Aspekt der Meta-pher zum primären erklären und zeigen, dass Metaphern auch die gewöhnlichsten sprachlichen Verwendungen durchdringen und nun ihren Fokus auf alltagssprach-liche Phänomene legen. Und doch geziemt es sich, von hier aus auch einen Ausblick auf die Sprache der Wissenschaft zu wagen: » Er [Jean Paul] sieht die Metapher als anfängliche Struktur der Sprache, die der begriffichen vorausgehe. Damit wird die Dichtkunst mit ihren Metaphern als eine ursprüngliche Ausdrucksform des Men-schen aufgewertet. Die Poesie wird zur Grundlage jeder, auch der wissenschaftli-chen Sprache.« 24 Die eigentliche Heimat des Denkens siedelt also auch Jean Paul nicht im Reich stabiler Begriffe, sondern in beweglichen, neugestalteten bildlichen Vorstellungen an. Metaphern sind für Jean Paul » Brotverwandlungen des Geistes.« 25 Dieser Metapher soll nun in den folgenden Überlegungen nachgegangen wer-den. Um ihre Reichweite und den kognitiven Mehrwert zu erspüren, gilt es nun, den Konnotationen im bildspendenden Bereich » Brot/Brotverwandlung « nachzu-gehen und zu zeigen, wie » weitreichend und umfassend das tägliche Essen die menschliche Welt erzeugt.« 26 Insofern versteht sich dieser Beitrag als gastrosophi-sche 27 Überlegung aus musikpädagogischer Perspektive: » Kochen und Essen bilden 19 Wilhelm Köller, Perspektivität und Sprache. Zur Struktur von Objektivierungsformen in Bildern, im Denken und in der Sprache, Berlin u. New York 2004, S. 630f.20 Beate Allert, Die Metapher und ihre Krise. Zur Dynamik der » Bilderschrift « Jean Pauls , Frankfurt a. M. 1987, S. 5.21 Hierzu: Jochen Hörisch, Theorie-Apotheke. Eine Handreichung zu den humanwissenschaftlichen Theorien der letzten fünfzig Jahre, einschließlich ihrer Risiken und Nebenwirkungen, Frankfurt a. M. 2010, S. 231.22 Katrin Kohl, Metapher, Stuttgart 2007, S. 119.23 George Lakoff, Mark Johnson, Leben in Metaphern. Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern, Heidel-berg 42004.24 Allert 1987, wie Anm. 20, S. 4.25 Jean Paul 1990, wie Anm. 5, S. 184.26 Harald Lemke, Ethik des Essens. Eine Einführung in die Gastrosophie, Berlin 2007, Klappentext.27 Der Begriff » Gastrosophie « geht u. a. auf die gleichnamige Schrift von Eugen van Vaerst (1852) zu-rück, in der der Autor versucht, die Weltbezüge des Essens zu refektieren, um daran das Philosophi -sche hervortreten zu lassen. Einen Ansatz, den Harald Lemke in seiner Ethik des Essens aufgreift und weiter verfolgt. Zur weiteren frankophilen Vorgeschichte vgl. Kurt Röttgers, Kritik der kulinarischen Vernunft. Ein Menü der Sinne nach Kant, Bielefeld 2009, S. 38ff.