208 Jürgen Oberschmidt eine Grundkonstante menschlicher Erfahrung « 28 und dienen in der reichhaltigen Sammlung philosophischer Metaphern » zur Veranschaulichung geistiger Operatio-nen.« 29 Tischgesellschaften im Unterricht: Lernen ist Nahrungsaufnahme (Aneignung) und Zubereitung (Konstruktion) von Wissen Möchte man sich umfänglich mit der Funktion von Metaphern in gastroso-phisch-pädagogischen Situationen beschäftigen, gilt es zunächst, die Pfade von Jean Paul zu verlassen und nicht die selbstgesteuerte Zubereitung, sondern das konsu-mierende Einverleiben der Speisen zu untersuchen. Die in Aussicht gestellten Be-trachtungen über das Lernen mit Metaphern folgen also zunächst der verbreiteten Alltagsauffassung von Lernen als Aneignung von Wissen. Ist Lernen konzeptionalisiert als » Nahrungsaufnahme « und » Verdauung « , kommt der Metapher hier vornehmlich eine vermittelnde Instanz oder veranschau-lichende Funktion zu. Die fertig angerichtete Speise bedient sich didaktischer Meta-phern, die erklären, weil es den Schülern (noch) an Begriffen fehlt. Sprachbilder sind hier vorläu g, sie gelten so lange, bis sie begriffich entschlüsselt, verdaut, die lexikalischen Lücken geschlossen und Nährstoffe begriffich xiert werden.Ein zweiter Zugang betrachtet das Bilden von Metaphern als Zubereitung einer Speise, als einen schöpferischen Prozess, der Wissen schafft und die Begriffe über-schreitet. Hier ist die Metapher nicht mehr ein Geländer, an dem sich das Verstehen festhalten kann, sondern sprachlicher Refex einer inneren Vorstellung: In diesem kreativen Akt gründet sich in der Metapher ein Wissen, das sich nicht mehr begriff -lich einholen lässt. Das Konzept » Lernen ist Nahrungszubereitung « läuft dem Prinzip der Nah-rungsaufnahme in gewisser Weise zuwider. Die Metapher ist hier mehr als ein Saft zur Verdauung, ein » didaktisch rhetorisches Mäntelchen « 30 , das an- oder abgelegt werden kann. Sie birgt vielmehr ein Sinnpotential, das die ursprünglichen Intentio-nen der Erzeuger weit übersteigen: » Die Metaphern bergen den wahren Reichtum des armen Wesens, das der Mensch von Natur aus ist.« 31 Von Lichtenberg wird dies aphoristisch auf den Punkt gebracht: » Die Metapher ist viel klüger als ihr Verfasser.« 32 28 Astrid von der Lühe, Art. » schmecken « , in: Wörterbuch der philosophischen Metaphern, hrsg. von Ralf Ko-nersmann, Darmstadt 2007, S. 340–355, hier S. 340.29 Ebd., S. 340.30 Reinhard Voß, Die neue Lust auf Unterricht und das Wissen, sich auf eine » Ungemütliche « Sache ein-zulassen, in: Unterricht aus konstruktivistischer Sicht. Die Welten in den Köpfen der Kinder, hrsg. von Rein-hard Voß, Weinheim 22005, S. 8–13, hier S. 9.31 Konersmann 2007, wie Anm. 28, S. 8.32 Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, hrsg. von Wolfgang Promies, Bd. 1, München 1968, F. 369.