Metaphern sind » Brotverwandlungen des Geistes « 211 der vermischt werden. Wir erleben das bereits bei einfachen Beispielen: Ein » getupf-ter « Ton wird eben nicht einfach begriffich staccato gespielt, in diesem Tupfen steckt mehr als in der fachbegriffichen Spielanleitung aufgehen kann. Eine springende, hüpfende, huschende Melodie lässt sich nicht in Fachbegriffiches einkleiden, ohne dass Wesentliches der ursprünglichen Assoziation verloren geht. Werner Ingendahl hebt dies in Opposition zur substitutionstheoretischen Sichtweise hervor: » Die Me-tapher ist durch nichts zu ersetzen und ersetzt nichts.« 40 Für Jean Paul sind die Begriffe » willkürliche, nichts malende Schnupftuchskno-ten der Besinnung « die » nicht einmal fünf Punkte von einem Objekte « 41 seien. An-gesprochen wird hier, dass sich in jeder Metapher ein analoges Vorstellungsbild konstituiert, mit all seinen feinen Schattierungen und fießenden Übergängen, ein Bild, das sich nicht in das endliche Kategoriensystem der Begriffe fassen lässt.Durch jede metaphorische Interaktion entsteht also ein süß-saurer Geschmack: Der literarische Gourmet mag diesen Gout schätzen, für den Musikwissenschaftler hat dies einen für ihn unangenehmen Bei- oder Nachgeschmack.» Brotverwandlungen des Geistes « Pädagogik beschäftigt sich damit, das Lernen steuern und lenken zu wollen. Wege werden vorgezeichnet oder geebnet, das Verstehen soll angebahnt und sorgsam vor-bereitet werden.Dabei ist die pädagogische Rezepteküche vielfältig, einschließlich eines kon-struktivistisch mundenden Unterrichts, in dem die Speisen nicht vom Lehrer, son-dern von den Schülern selbst zubereitet werden. Friedrich Nietzsche liefert hierfür das passende Bild: » Wer aber mit essen will, muss auch mit Hand anlegen, auch die Könige. Bei Zarathustra nämlich darf auch ein König Koch sein.« 42 Dies führt zurück zur Signal gebenden Metapher der » Brotverwandlung.« 43 Kein Verdauungsprozess wird hier beschrieben, sondern die Zubereitung einer Speise, ein Prozess des Gebärens. Was wir bereits ästhetisch erfahren und damit uns einverleibt haben, wird nun in Brot verwandelt: Eine Verwandlung inmitten des Unterrichts. Es sind verheißungsvolle, paradiesische Aussichten, diesen » Sprung des Denkens « 44 – wie Heidegger es formuliert hat – durch die Metapher einfach ge-schehen zu lassen. Ein Glöckchen erklingt, die Verwandlung geschieht – und eine 40 Werner Ingendahl, Der metaphorische Prozeß. Methodologie zur Erforschung der Metaphorik, Düsseldorf 1971, S. 305.41 Jean Paul, Sämtliche Werke in 10 Bänden, hrsg. und kommentiert von Norbert Miller, München 1959ff., hier Bd. 3, S. 1025.42 Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra, in: Ders., Kritische Studienausgabe in 15 Bänden, hrsg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, Bd. 4, München 31993, S. 354.43 Jean Paul 1980, wie Anm. 5, S. 184.44 Zit. nach: Paul Sailer-Wlasits, Die Rückseite der Sprache. Philosophie der Metapher, Wien 2003, S. 161.Sailer-Wlasits bezieht sich auf Heideggers ›Satz vom Grund‹, auch wenn Heidegger hier nicht von der Metapher sondern von den verschiedenen Modi des Satzes ›nihil est sine ratione‹ spricht: » Der Sprung bringt das Denken ohne Brüche, d. h. ohne die Stetigkeit eines Fortschreitens in einen anderen Bereich und in eine andere Weise des Sagens « (ebd.).