Metaphern sind » Brotverwandlungen des Geistes « 225 Lernen ebenso anzuleiten. Demokratische, selbstbestimmte Prinzipien sucht man hier vergebens. Vielleicht fällt es deshalb Musiklehrern besonders schwer, hier los-zulassen und den Schülern ihre eigenen Wege beschreiten zu lassen.Die große Kunst des Unterrichtens liegt nun darin, fexibel auf das schöpferische Potential der Lernenden und ihrer Metaphern zu reagieren. Allzu häu g schauen wir als Lehrer an dem verborgenen Wissen unserer Schüler vorbei und versäumen es, uns auf die Speise der Schüler einzulassen, um auf diese Weise die Klugheit, die in einer Metapher wurzelt, zum Vorschein zu bringen. Eine reichhaltige Sprache wird häu g reduziert auf das, was an begrifficher Substanz vom Lehrer herausgele-sen wird. Für den, der nur einen Hammer kennt, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Ein anspruchsvolles Unterfangen, das gerade beim Lehrer eine umfangreiche Ausrüstung und ein breit angelegtes Wissen erfordert, wenn Sprache nicht als kon-ventionelles Bezeichnungsinstrument genutzt wird, sondern als Werkzeug erst zu-gerichtet werden soll, wenn Unterricht nicht bei der intuitiven, initialen Metapher stehen bleiben möchte: » Metaphern repräsentieren die Erfahrung, dass man in be-stimmten Situationen nicht durch eine Tür kommt, wenn man die konventionali-sierte Sprache starr wie einen Stock quer vor sich her trägt, sondern nur dann, wenn man diesen Stock auch mal zu drehen weiß.« 78 Die lebensweltlichen Bezüge müssen in diesem Unterricht nicht gesucht werden, sie kommen einem in den Metaphern der Schülerinnen und Schüler entgegen, wenn es gelingt, offene Unterrichtssituationen zu gestalten, in denen sprachliche Bilder nicht nur zugelassen, sondern ausdrücklich erwünscht sind. Dann verschmelzen – ganz im Sinne Jean Pauls – Geist und Materie, Ich und Welt, im Sinne einer weit-greifenden Synästhesie, die den » materielle[n] Geschmack und […] geistige[n] Ge-ruch « 79 in der Metapher verbunden weiß. Hierzu bedarf es eines Unterrichts, in dem den Lernenden die Ernsthaftigkeit ihrer Bilder deutlich wird und sie sich nicht lediglich an die Kinderstube ihrer ästhetischen Bildung erinnert fühlen.Womöglich ist dieses Potential nicht an einem einzigen Beispiel erkennbar, einer refektierten und vielleicht schriftlich ge lterten Metapher einer gereiften Schülerin in der klinischen Klausursituation. Vielleicht verdeutlichen dies eher Metaphern, die in spontanen, mündlichen Beiträgen geboren werden, in denen das Erleben der gehörten Musik mitschwingt. Hier sind es oft sehr eindrückliche Begegnungen, ge-rade dann, wenn man die Lebenskontexte der Schülerinnen und Schüler genauer kennt und diesen mitgebrachten Erfahrungen nun in ihren individuellen Zugängen, in ihrem ganz persönlichen Reden über Musik, nachspürt und auf diese Weise in der Metapher Spuren und Strukturen ihrer Lebenswelt erkennen darf.78 Köller 2004, wie Anm. 7, S. 609.79 Jean Paul 1980, wie Anm. 5, S. 183.