Metapher und Topos in hermeneutischer Perspektive Karl Heinrich Ehrenforth I 1. Allein das Tagungsprogramm dokumentiert eindrücklich, wie unübersehbar die Grenzen der Metaphorik schon im Bereich der Musik geworden sind. Was sich un-ter der Autorität dieses offensichtlich faszinierenden, weil brückenfähigen Großbe-griffs sammelt, ist bemerkenswert. Die rhetorisch-philosophische Straße von Aristo-teles bis zu Hans Blumenberg und Paul Ricoeur für sich genommen ist schon ohne Navigator nicht mehr befahrbar. Kennzeichnend ist die sarkastische Prognose, dass, vorausgesetzt, die Vermehrungsrate der Metapherntheorien bleibe so wie gegen-wärtig, die Zahl der einschlägigen Forscher die der Weltbevölkerung in absehbarer Zeit übersteigen werde.2. Ich spreche zum Tagungsthema aus hermeneutischer Sicht. Hermeneutik steht heute – wie übrigens auch die Historiographie – eher am Rande des musikbezoge-nen Fachdiskurses. So ist zu befürchten, dass unter den Jüngeren diese Denkper-spektive kaum noch hinreichend bekannt ist. Daher einige einleitende Hinweise.Beginnen möchte ich mit zwei Beobachtungen.Erstens: Es gibt wohl keinen Zweifel, dass die Hermeneutik das ausgewiesene Herzgeschäft der Geisteswissenschaften bzw. Humanities ist, (zu denen auch die Musikwissenschaften gehören). Da es jedoch den Humanities schon lange nicht mehr gut geht, weil ihr Wissenschaftsanspruch angeblich nicht hart genug er-scheint, ist auch in unserer der Musik dienenden Fachdisziplin ein innerer und äu-ßerer Exodus in die systematischen Zubringerfächer zu beobachten. Empirische Un-tersuchungen sind zweifellos attraktiver als die harte Mühe, Beethoven und Mozart für die Gegenwart so zu erschließen, dass der Anspruch dieser Musik nicht geopfert wird und Vergegenwärtigung gelingt. Hier ist auch im Fachgefüge der Musikwis-senschaften einschließlich der Musikpädagogik ein Balanceverlust zu beobachten, der das Gewicht unseres zentralen Gegenstandes – die Beschäftigung mit der Musik selbst – in Frage stellt.