Tanz als Metapher in Hans van Manens » Kammerballett « 241 nauer in den Blick zu nehmen und dabei seine Konzeptmetapher » Tanz ist Gleich-berechtigung « exemplarisch zu verdeutlichen. Die Theorie der Persönlichkeitsdyna-mik von Julius Kuhl beruht sehr knapp formuliert auf der gleichberechtigten Inter-aktion vier persönlichkeitsrelevanter Erkenntnissysteme einschließlich der mit ih-nen verbundenen grundlegenden Affekte. Das Absichts- oder Intentionsgedächtnis hilft beim Planen komplexer Handlungen. Wir bilden mit ihm langfristige und schwierig umzusetzende Ziele. Durch Dämpfung von Freude (A(+)), also Enttäu-schungen von Erwartungen, wird dieses Persönlichkeitssystem aktiviert. Bei der Be-obachtung von Bewegungen, die Enttäuschungen zum Ausdruck bringen, ndet sich regelmäßig eine Regulationen der Kraft während der Bewegung bei gleichblei-bend gebundenem Muskelspannungsfuss, der auf emotionale Kontrolle und Stabi-lisierung der Affekte zielt. Die Bewegungen sind getragen oder werden allmählich langsamer, der Blick ist – wenn Scham hinzukommt – körpernah, Kinesphäre und Körperform werden kleiner. In enttäuschenden Lebenssituationen neigen wir zur Trennung der Raumebenen (Sagittale, Horizontale und Vertikale) und erleben uns vorrangig in der Vertikalen, die das Körpergewicht bewusst macht und das bewuss-te Ich und seine Absichten repräsentiert. Das mit Enttäuschung assoziierte Inten-tionsgedächtnis wird wegen seiner Abhängigkeit von den denotativen Komponen-ten der Sprache wahrscheinlich durch den linken präfrontalen Cortex unterstützt. Die Nähe zwischen Sprachproduktion und bewusstem Willen (etwa bei Selbstin-struktionen) macht es möglich, über schwierige Ziele leicht zu sprechen. Das garan-tiert allerdings noch nicht, dass wir unsere willentlichen Vorsätze in entsprechende Handlung umsetzen.Zur Verwirklichung von Vorsätzen wird das Absichtsgedächtnis mit einem aus-führungsregulierenden System verbunden. Dazu dient die intuitive Verhaltens-steuerung. Sie setzt unser willentliches Handeln in Gang, ist auch für automatisierte Handlungsroutinen zuständig und oft mit positiven Affekt (A+), also z. B. mit Freu-de, verbunden. Sie hilft, einmal gefasste Absichten und schwierige Ziele bei sich bie-tender Gelegenheit auch gegen innere und äußere Widerstände in die Tat umzuset-zen. Handeln erfordert meist räumliche Fortbewegung, in jedem Falle aber körperli -che Aktivität. Der Übergang vom Wollen zum Handeln wird deshalb von einer Re-gion im parietalen Cortex unterstützt, die innerhalb der körpernahen Kinesphäre räumliche Aufmerksamkeit ermöglicht (Wohin will ich greifen?). Diese Gehirnre-gion ermöglicht auch die für die intuitive Verhaltenssteuerung notwendige Berück-sichtigung verschiedener Kontextmerkmale. Strukturiert wird die körpernahe Ori-entierung vermutlich durch die am Lebensanfang überlebenswichtigen, weil be-dürfnisorientierten Rhythmen des Muskelspannungsfusses. Die intuitive Verhal-tenssteuerung ordne ich daher in der nachfolgenden Gra k dem Bewegungsfaktor Zeit zu. Die elementaren Rhythmen des Muskelspannungsfusses sind noch nicht metrisch geordnet und zu unterscheiden anhand übergeordneter Zeitstrukturen (wie entwicklungsbedingt später und dem Einfuss des Kategorien bildenden Sys-tems der Objekterkennung), sondern durch absolute Dauern muskulärer An- und Entspannung de niert. Die mit den erspürenden und genießenden Rhythmen ver-