250 Bernhard Müßgens Fiona Lummis. Sol León. Ich liebte Sol León und Paul Lightfoot. Sie waren damals noch nicht bei der Choreogra e. Sie waren vielleicht mal im Work-shop. Sie saßen immer in meinen Balletten. Sol war ein besonderer Mensch. Also wollte ich das Ballett um sie herum erschaffen. Das heißt, sie hat das letzte Wort. Karajews Klaviermusik war auch toll. Und dann hatte ich eine Idee. Ich weiß nicht, wo die Idee herkam. Ich sagte zu Keso Dekker, der mei -ne Bühnenbilder macht: Ich möchte zehn Hocker. Und er brachte zehn tolle Hocker. Er hatte auch die Idee mit dem Oval auf der Bühne, das weiß sein sollte. Er beginnt erst mit dem Entwurf, wenn ich ein Stück gemacht habe. Er sah sofort, wie intim das Ballett war. Deshalb wollte er das weiße Oval, fast hätte ich ovaler Kreis gesagt, auf dem das Ballett spielen sollte. Das hat der Intimität des Balletts enorm geholfen.« Interviewer: » Und die Bewegungen: Es gibt Pas-de-deux und Solos, doch die Gruppe ist größer, komplexer.« Van Manen: » Ich mochte Pas-de-deux schon immer. Ich kann sie ganz gut. Es geht immer um die Beziehung zwischen zwei Menschen. (klopft die Finger-gelenke gegeneinander, Anm. d. Verf.). Wenn nicht, sind sie nur dekorativ. Und wenn ich etwas hasse, dann ist es Dekorativität. Das ist das Schlimmste, was ich kenne. Dass alles nur noch Beiwerk ist. Das darf nicht passieren, es muss immer einen Grund geben. Mein Grund für Pas-de-deux sind immer menschliche Situationen. Und meine sind selten gut (schmunzelt). Die guten sind langweilig, da kannst du auch eine Komödie machen. Das habe ich frü-her gemacht, das war da möglich (lacht). Ich glaube aber an ein Auf und Ab, die Dinge sind nie nur oben. Das wäre auch schrecklich. Sie sollten auch nicht zuviel unten sein. Zwischenmenschliche Beziehungen sind mein großes Motiv für Pas-de-deux. Ich mache Pas-de-deux sehr gerne. Außer ›Solo‹ (Ballett von Hans van Manens aus dem Jahr 1997, in dem drei Tänzer sich abwechseln, Anm. d. Verf.) gibt es kein Ballett ohne sie « .20 Der Versuch des nun folgenden auszugsweisen Bewegungsprotokolls aus » Kam-merballett « von Hans van Manen nimmt den Beginn des letzten Werkabschnitts in den Blick. Solistin ist die Tänzerin Sol León.21 20 Bei dem vollständig zitierten Text handelt es sich um eine Abschrift der deutschen Untertitel aus dem Interview über das » Kammerballett « , wieder gegeben nach der im Handel erhältlichen DVD 1/2, Hans van Manen: Het Nationale Ballett, Nederlands Dans Theater, Arthaus Musik, Cat.-No. 101501.21 Es handelt sich um den Beginn des sechsminütigen Schlussteils aus dem » Kammerballett « von 1995 in der oben bereits genannten Aufzeichnung aus dem Jahre 2001. Das Videobeispiel wurde zu Beginn meines Vortrags beim Symposion » Die Metapher als Medium des Musikverstehens « gezeigt.