Von der Musik zur Erfahrung von Welt und aus der Welt ins Innere der Musik 259 –den unbewusst gebrauchten, jedoch bei genauerem Hinsehen vielleicht doch tiefsinnigen Metaphern (eine getragene Melodie),–den bewusst eingesetzten Metaphern, mit denen wir auf etwas aufmerk-sam machen wollen (der stolze Klang der Trompeten, die ins Dunkle gefärbte Fortführung),–den prosodisch-rhythmischen Klang der metaphorischen Sprache (die rhe-torischen Gesten).Ich wende mich im folgenden jedoch nicht der allgemeinen und überall statt nden-den Metaphorisierung des Sprechens über Musik und des Verstehens von Musik zu, sondern erörtere in pädagogischer (vermittelnder) Absicht das zuletzt genannte Er-lebens- und Verstehensangebot der Musik, nämlich: dass und wie Musik Vorstellun-gen in uns auslöst, die uns – unsere Emotionen und unser Denken – auch über die Musik hinaus bereichern. Die Metapher muss, so formuliert Umberto Eco, » etwas mit unserer inneren Erfahrung der Welt (…) zu tun haben « .6 Dabei ist zu bedenken, dass die vorgestellten Erzählungen und Bilder einerseits als Ganzes Metaphern sind (metaphorische Geschichten), als Situationen, die von ei-nem Lebensbereich in einen anderen hinübergetragen werden, und dass sie ande-rerseits auch aus vielen einzelnen Metaphern zusammengebaut sind.II – Das Anliegen Die pädagogischen und musikvermittelnden Anregungen, zu denen die Beschäfti-gung mit Metaphern einlädt, interessieren mich als bekennender und praktizieren-der Hermeneutiker. Mein Anliegen ist es, zu bedenken, ob und auf welche Weise der Umgang mit Metaphern – ihre Formulierung und ihre Deutung – das Verstehen von Musik fördern kann, und zwar ein Verstehen, welches Beziehungen zwischen Musik und Menschen stiftet, also ein Verstehen im Sinne der philosophischen Her-meneutik.7 Hermeneutik ist für mich nicht, so wie sie meistens verstanden wird, eine geis-teswissenschaftliche Methode, der es darum geht, » etwas « (einen Text, eine Bege-benheit, ein Bild, eine Musik) als Gegenüber » objektiv « zu verstehen und zu deuten. Hermeneutik ist vielmehr, im Anschluss an das Denken des frühen Heidegger, spä-ter erweitert von Hans-Georg Gadamer, Jean Grondin u. a., der unabschließbare Prozess oder Dialog zwischen einer Sache (einem Vorgang) und dem, der sich mit Hilfe dieses Dialogs – und im Durchgang durch das sachbezogene Verstehen der Sa-che hindurch – selbst verstehen, begegnen oder verändern will. Es geht um das, was mich die Sache angeht oder betrifft, wie sie mich prägt, und wozu sie mich einlädt. 6 Eco, 1992, S. 202.7 Lakoff und Johnson unterscheiden objektivistische und subjektivistische Verstehenskonzepte. Der » Mittelweg « , den die Autoren beschreiben, bezeichnet ungefähr das ›Verstehen als Beziehung zwi -schen Menschen und Dingen’, das die philosophische Hermeneutik (vor allem der frühe Heidegger) ausgearbeitet hat. George Lakoff/Mark Johnson, Leben in Metaphern. Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern. Heidelberg 1997, S. 220 – 223.