260 Christoph Richter In diesem Verständnis ist hermeneutisches Verstehen das Bemühen um eine Bezie-hung zu etwas. Dieses Bemühen zu unterstützen kennzeichnet die pädagogische Aufgabe der Hermeneutik. Ich glaube, dass das metaphorische Verstehen einen Weg zum hermeneutischen Verstehen (zum Verstehen in Beziehungen) anbietet.Die Frage, der ich in diesem Beitrag nachgehen will, lautet also: Was trägt der Umgang mit Metaphern – mit metaphorischem Denken und Sprachgebrauch – zur Selbstbegegung und zur dialogischen Beziehung bei?III – Zum pädagogischen Umgang mit Metaphern Jürgen Oberschmidt hat in seiner Schrift » Mit Metaphern Wissen schaffen « das Ver-stehen von Musik mit Hilfe von Metaphern umfassend erörtert und sich besonders mit dem durch Metaphern angeregten Verstehen im musikpädagogischen Zusam-menhang beschäftigt.8 Als eine mögliche didaktische und methodische Leitlinie hat er den Dreischritt, den er von Anil K. Jain übernommen hat, an Beispielen aufge-zeigt:–Initiativmetapher (als Einstieg in das Verstehen einer Sache mit Hilfe von Metaphern),–Verdichtung (Ausarbeitung des Verstehens mit Hilfe der Metaphern-Inter-pretation),–Rückbindung an den musikalischen Gegenstand (mit Erkenntnissen aus der Metaphern-Interpretation).9 Man könnte meinen, mehr als Jürgen Oberschmidt zum didaktischen Gebrauch und Nutzen metaphorischen Denkens im Umgang mit Musik gezeigt hat, gäbe es nicht zu sagen. Und er hat auch nicht nur die Literatur zur Metapher erschöpfend behan-delt, sondern auch die Möglichkeiten, Nutzen aus dem von Metaphern angeregten Umgang mit Musik zu ziehen.Ich glaube jedoch, das Verstehen von Musik mit Hilfe von Metaphern noch in eine andere Richtung treiben zu können. Der Gebrauch und die Interpretation von Metaphern verhilft nicht nur zu einem besseren, nämlich zu einem mehr persönli-chen und vielleicht in Einzelheiten genaueren Musikverstehen, sondern – wenn man dies will – auch zum Verstehen anderer Lebensbereiche, also zum Verstehen von ›Welt‹ oder – nach freier Wahl – zu Aspekten von ihr, (doch hoffentlich nicht pädagogisch verordnet).Auf diese Weise können die Aufgaben des Musikunterrichts in der allgemeinbil-denden Schule (wie es schon Kestenberg gefordert hat) über die Musik hinaus er -weitert werden, um so etwas wie allgemeine Menschenbildung anzubieten. » Allge-8 Jürgen Oberschmidt, Mit Metaphern Wissen schaffen, Augsburg (Wißner) 2011. Siehe auch die Zusam-menfassung dieser Schrift in: Diskussion Musikpädagogik 46, Heft 2/2010, S. 58 – 59.9 Anil K. Jain, Medien der Anschauung. Theorie und Praxis der Metapher, München: edition fatal. siehe: Oberschmidt 2011, S. 124 – 128.