268 Christoph Richter Nach Art kubistischer Malkunst ist das Gemälde stilisiert – aufgetürmte Klangblöcke stehen hintereinander, quer zueinander, aufeinander, werden verbunden durch breite, fießende, mehr liegende Quader.Das übergeordnete Thema der Musik wie des Gemäldes, das Tertium, das zwischen Bruckners Musik und dem Gemälde vermittelt – sozusagen das Transportmittel zwischen Realität und Metapher – sind die Größe, die Erhabenheit, und – aus dem Blickwinkel des Menschen – die Ehrfurcht und das Gefühl der Winzigkeit vor der Schöpfung.Auch dieses Beispiel zeigt, dass es metaphorische Übertragung in zwei Richtun-gen gibt:1.Mit Hilfe von Bruckner Sinfonieanfang erfahre ich etwas über die Großartigkeit und Majestät des Hochgebirges.2.Die Vorstellung von ›Hochgebirge‹ kann den Beginn der Brucknersin-fonie erschließen.In der Aktivierung dieser beiden Denkrichtungen bieten Metaphern so etwas wie Elementarisierung des Erlebens und Verstehens an: Sowohl an der Sinfonie von Bruckner wie auch an der Vorstellung von ›Hochgebirge‹ machen wir die elementa-re Erfahrung von Gewaltigkeit und Erhabenheit; im Klarinettenkonzert von Brahms jene von improvisierender, offener Kommunikation. Ralf Konersmann nennt diese Erfahrung: » Das metaphorische Spiel artikuliert Wirklichkeitserfahrungen in Denk-mustern, die durch und durch anthropomorph sind « 12 , das heißt, die uns als Vor-stellungen und Bilder vertraut sind und auf die wir (in einem wörtlichen Sinne) zu-rückkommen können. In der Vermittlung von Musik kommt es darauf an, solche vertraute Elementarien aufzuwecken.13 12 Ralf Konersmann, in der Einleitung zum Wörterbuch der philosophischen Metaphern (hrsg. von Ralf Ko-nersmann), WBG Darmstadt 2007, S. 16.13 Oder, wie Kant sagt: die elementaren Gedanken » wie unter einem durchschimmernden Gewande an-genehm hervorschimmern zu lassen « (Kritik der Urteilskraft, § 59); zitiert bei Konersmann, a.a.O. S. 10.