Sounding Mappings, klingende Projektionen – Metapherntheorie als musikologisches ReOexionsmodell Christian Thorau Die Forschung zur Metapher ist durch eine bemerkenswerte Gleichzeitigkeit von verschiedenen Theorien, Denkrichtungen und Paradigmen gekennzeichnet. Ein Grund für diese Vielstimmigkeit mag darin liegen, dass die Metapher als sprach-lich-kognitives Phänomen einen ebenso epistemologisch, linguistisch und semio-tisch grundlegenden wie auch hermeneutisch, ästhetisch, pädagogisch und anthro-pologisch zentralen Forschungsgegenstand darstellt, auf den von vielen Seiten re-fektierend und theoriebildend zugegriffen wurde. Das Ergebnis dieser metaphern-theoretischen Polyphonie am Beginn des 21. Jahrhunderts ist keine umfassende, gültige Theorie, sondern ein Nebeneinander unterschiedlicher Optionen, in der nicht eine Theorie eine andere ablöst, sondern für verschiedene Fragestellungen un-terschiedliche Theorieangebote existieren. Eine solche pluralistische Sichtweise auf die Diskurslandschaft zur Metapher steht allerdings im Widerspruch zu der durch die kognitionstheoretische Richtung nach Lakoff/Johnson geprägten Vorstellung, Metaphernforschung lasse sich auf eine dominante, » contemporary theory of meta-phor « reduzieren oder sei durch weitergehende kognitionstheoretische Konzepte wie das » conceptual blending « in einer neuen Theorie aufgegangen, die den rheto-risch geprägten Traditionsbegriff obsolet mache.1 Als ich Mitte der 1990er Jahre begann, mich für Metapherntheorie zu interessie-ren, fand ich eine Gleichzeitigkeit vor, die sich als ein Nebeneinander wissenschafts-geschichtlich ungleichzeitiger Ansätze gestaltete, ablesbar besonders an den Über-setzungen metapherntheoretischer Literatur ins Deutsche. Während 1996 Anselm Haverkamps Sammelband Theorie der Metapher in einer zweiten Aufage erschien und damit eine 1981 abgeschlossene Textsammlung von Theorie-Klassikern erneut präsentierte, kam zwei Jahre später die deutsche Übersetzung des in Nordamerika einfussreichen, allerdings bereits 1980 erstmals erschienenen, Metaphors we live by von Mark Johnson und George Lakoff heraus. Im gleichen Jahr 1998 setzte Haver-kamp seine Theorievermittlung für die deutschsprachige Diskussion mit der Samm-1 Vgl. George Lakoff und Mark Johnson, Afterword, 2003, in: Metaphors We Live By, hrsg. v. ders., Chica-go 2003, S. 243–276.