278 Christian Thorau Abb. 2: Conceptual integration network (CIN) zur Textausdeutung » descendit de caelis « (Zit. n. Zbikowski 2002, S. 83.)Hinter dieser Absorption der Metapherntheorie durch einen neuen übergreifenden Ansatz steht der Paradigmenwechsel vom Sprach- bzw. Zeichenbegriff zur Kogni-tion. Konsequenterweise verschwindet damit auch das Problem der Übertragung ei-ner metaphernspezi schen Theorie auf Musik. Die grundlegende Bedeutung von Zbikowskis Ansatz besteht gerade darin, dass Musik in das Kognitionsparadigma eingefügt wird. Das Ziel dieser Integration ist es, musikalische Theoriebildung, die, so Zbikowski, in ihrer traditionellen Form » auf Treibsand gebaut war « ,13 auf ein Fundament zu setzen, das nicht nur Musik trägt, sondern auch alle anderen kogniti-ven Operationen, Prozesse und Konstrukte, zu denen Menschen fähig und begabt sind. Weil Zbikowski zeigt, dass musikalische Konzeptualisierung (jedenfalls nach dem Kognitionsparadigma) sich in ihren Grundphänomenen nicht von jenen Kon-zeptualisierungen alltäglicher wie pragmatischer Art unterscheidet, liefert dieser Ansatz wenig musikspezi sche und im herkömmlichen Sinne musikanalytische Er-gebnisse. Musikanalyse wird ein Teilgebiet der Kognitionswissenschaft und die Dif-ferenz zwischen Sprache und Musik, zwischen verbal-begriffichen und non-verbal-unbegriffichen Zeichen, die das Übertragungsproblem am Leben erhielt, wird hin-fällig, oder sie wird zumindest theoretisch nicht mehr fruchtbar, da auch Musik 13 Lawrence Zbikowski, Cognitive Science, Music Theory, and Music Analysis, in: Musiktheorie im Kon-text, 5. Kongress der Gesellschaft für Musiktheorie Hamburg 2005, Berlin 2008, S. 447.