300 Gerhard Schmitt tungsdimension. Die kognitive Metapherntheorie bietet hier einige Möglichkeiten der integrativen Anwendung. Ferner von Belang ist die Zugehörigkeit zu einem Stil und seine theoretische Unterfütterung. Handelt es sich um ein Werk aus der dur-molltonalen Tradition, hat sich die Atonalität bereits emanzipiert? Liegt eine wie auch immer dokumentierte Kompositionstechnik vor, bewegt sich das Stück im Rahmen einer Tradition, etwa der Stufen- und Funktionstheorie oder der Zwölf-tontechnik? Für die Wahrnehmung ist der kognitive Aufwand entscheidend, der be-trieben werden muss. Der ist größer bei Stücken der Avantgarde 19 geringer bis fach bei Stücken mit gut antizipierbaren Strukturen.20 Und immer bedient sich der Ana-lysierende anschließend einer diskursiven Sprache, um seine Analyseinhalte zu kommentieren. Die methodische Abrundung bzw. Erweiterung des expliziten Ana-lysemodells besteht u. a. in der mentalen Rückkopplung mit den eigenen Lexemme-taphern, die, wie wir gesehen haben, das Ergebnis expliziter wie impliziter Kogni-tionen sind. Im Hinblick auf die Vorgänge in der Wahrnehmung bei der Analyse ist ferner entscheidet, was ich sehen oder hören will.Abb. 2 Leonhard Lechner, Deutsche Sprüche von Leben und Tod, Nr. 15 19 Hierzu Beitrag Hespos in diesem Band.20 Komponisten wie Paul Hindemith oder Arvo Pärt liefern mit ihren schriftlich verfassten Kompositi -onstheorien gewissermaßen einen Schlüssel mit, der die Tür zur Nachvollziehbarkeit ihrer Stücke weit öffnet (Vgl. P. Hindemiths Unterweisung im Tonsatz, Mainz 1940; Hermann Conen (Hg.): Arvo Pärt. Die Musik des Tintinnabuli-Stils, Köln 2006). Im Tintinnabuli-Stil ist der Text überraschenderweise seman-tisch irrelevant. Die Silben der Wörter und die Interpunktion des Textes sind es, die als Parameter die -nen zur Herstellung eines kompositorischen Verfahrens; nicht die Semantik des Wortes also, sondern die Worthülse, das Morphem, dient der Vertonung.