322 Jürgen Oberschmidt chenen Passage, im Fehlen kleiner Werte die Bewegungsform der Musik sis-tiert erscheint. […] Im Scherzo endlich hat Beethoven die Polarität von tasten-dem, immer wieder fragend hängenbleibenden Suchen und zielstrebigem Vor-angang geradezu thematisiert und den Vorangang (Takte 19ff.) an die rhythmi-sche Grundformel der Symphonie gebunden. Und an seinem Ende steht jener Übergang, der als Inszenierung des » éclat triomphal « allein zu gering bewertet wäre […]. Beethoven hat hier paradigmatisch ausgeformt, wie Musik ankom-men, an ihr Ziel gelangen kann. Eben darum aber gibt es für dieses Finale nichts mehr zu suchen, keine Wegstrecke mehr zu bewältigen.61 Peter Gülke verwendet in seiner Analyse weder ein metaphorisches Emotionsvoka-bular, das sich zu den Begriffen gesellt und eine technische Analyse des Notentextes näher an die sinnliche Erfahrung heranrückt, noch eine allzu zudringlich werdende Semantisierung. Es wird kein dichterisches Bild angeboten, das sich » verrätselt « 62 oder eine Äußerung » leichter zugänglich macht.« 63 Die Wegmetapher zählt viel-mehr zu jenen absoluten Metaphern, die am besten oder nur in dieser Form ein theoretisches Problem anzeigen, sich » nicht ins Eigentliche, in die Logizität zurück-holen lassen « 64 : Wege verbinden Orte, sie sind gefestigt, gepfastert, sie werden ge-bahnt, man be ndet sich auf Abwegen. Martin Heidegger bezeichnet den » Weg « gar als » ein Urwort der Sprache « 65 , da » die Raumdimension offenbar grundlegender als die Zeitdimension « 66 ist, dies gilt auch für eine Kunst, die in der Zeit verläuft. Das Zurücklegen eines Weges heißt » Bewegung « und diese materielle Grundlage eines zurückgelegten Weges ist Quellbereich des metaphorischen Gebrauchs:67 Als » fu-tende Luft « 68 , die von einem Klangerzeuger an unser Ohr dringt. Es sind Bewegun-gen, die in einer statischen Partitur lediglich nachgezeichnet werden. Gleichzeitig sprechen wir aber auch von einer harmonischen Bewegung. Hier öffnet sich eine Brücke von der äußerlich-materiellen Grundlage zu inneren, kognitiven Vorgängen, die wir als Denkwege, Gedankengänge bezeichnen können und die zudem den Raum in semantische Konnotationen öffnen, ohne sie in diesem metaphorischen Status festschreiben zu müssen. Die Metapher des durchschrittenen Weges » durch Nacht zum Licht « hat hier zunächst » im Vorfeld des Begriffs « den strukturellen Be-fund nur veranlasst: » Dieses Vorfeld des Begriffs ist in seinem ›Aggregatzustand‹ plastischer, sensibler für das Unausdrückliche, weniger beherrscht durch xierte Traditionsformen.61 Gülke 2000, wie Anm. 57, S. 181f.62 Bernhard H. F. Taureck, Metaphern und Gleichnisse in der Philosophie. Versuch einer kritischen Ikonologie der Philosophie, Frankfurt a. M. 2004, S. 15.63 Ebd.64 Blumenberg 1999, wie Anm. 13, S. 10.65 Martin Heidegger, Unterwegs zur Sprache, Stuttgart 142007, S. 198.66 Dirk Westerkanp, Art. » Weg « , in: Konersmann 2007, wie Anm. 27, S. 518–545, hier S. 518.67 Ebd.68 Mengzi [Menzius], überliefert in Albert Breier, Die Zeit des Sehens und der Raum des Hörens. Ein Versuch über chinesische Malerei und europäische Musik, Stuttgart 2002, S. 1.