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Weltkriegs«.285
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Kilb, Andreas: »Eine Landpartie. Ansichten einer verpatzten Revolte: über Louis Malle und ›Eine Komödie im Mai‹«. In: Die Zeit 12 (16. 3. 1990)
Die Verbindung zu dem Film ist einerseits durch die Nähe der Natur und die Schauspielerin Paulette Dubost gegeben, die in beiden Filmen mitwirkt, andererseits aber auch durch die Thematik des bevorstehenden Zusammenbruchs der Ordnung. Aber

»Malles Komödie ist, anders als die ›Spielregel‹ aus der Perspektive eines Davongekommenen gedreht. Die drohende Sintflut wird bei Malle zum harmlosen Gewitter; denn wir wissen ja, daß es nichts wurde mit der Revolte von Achtundsechzig. Louis Malles Helden werden überleben, die Revolution findet nicht statt.«286

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Kilb (1990)

Der Film ist somit als eine Satire über das Bürgertum anzusehen. Im Laufe des Films werden einzelne Charaktere entlarvt, und es wird an der Fassade des bürgerlichen Moral- und Wertekanons gekratzt: Camille, die reaktionäre Katholikin, die zögert, die Pille zu nehmen, trifft sich zu einem Schäferstündchen mit ihrem Ex-Geliebten im Hühnerstall, Claire betreibt mit ihrer Freundin Sado-Maso-Spielchen, Georges, der Möchtegern-Intellektuelle, wurde von den Ereignissen in Paris überrollt und hat seinen Korrespondentenposten an einen jüngeren Konkurrenten verloren, und Pierre-Alain wirkt mit seinen zur Schau gestellten Wunden aus den Barrikadenkämpfen wie ein aufgeblasener Angeber. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass Malle seine Figuren bei aller Ironie sehr warmherzig zeichnet, dass seine Liebe zu den Charakteren ständig präsent ist. Somit geraten die Schilderungen niemals bösartig; Milou en mai hebt sich durch eine indirekt ausgesprochene Verbundenheit Malles zur gesellschaftlichen Klasse seiner eigenen Familie von anderen Filmen (vgl. Les Amants) ab:

»En fait Louis Malle est un gentil, quelles que soient les inquiétudes évidentes dont certains de ses films sont le reflet pudique. Le cinéaste laisse les ricanements et les sarcasmes à d’autres. On le sent au contraire en pleine communion de pensée avec Milou lorsqu’il cite Voltaire: ›J’ai décidé d’être heureux, parce que c’est bon pour la santé‹.«287

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Alion, Yves: »Milou en mai. Partie de campagne«. In: La Revue du cinéma 457 (2/90), S. 20f., hier S. 21 (»In der Tat ist Malle ein netter Mensch, auch wenn manche seiner Filme offensichtliche Unruhen widerspiegeln. Der Regisseur überlässt das Feixen und den Sarkasmus anderen. Im Gegenteil, man spürt, wie sehr er sich mit Milou identifiziert, wenn dieser Voltaire zitiert: ›Ich habe beschlossen glücklich zu sein, denn es tut meiner Gesundheit gut‹.«)

Der Film ist zudem als eine Liebeserklärung an die Natur und die Landschaft in der Provinz Le Gers anzusehen, war doch die Wahl des Drehortes ein Kriterium für den Film. Die Natur ist es, die die egoistischen und raffsüchtigen Familienmitglieder vereint. Dieser Aspekt wird vor allem in der Picknickszene deutlich (Segment 49), in der sogar Camille etwas lockerer wird und den Joint aus den Händen ihrer Tochter nimmt. Bereits vorher bietet die Natur den anderen Familienmitgliedern Entspannung und Wärme, wenn diese sich in der Sonne aufhalten (Vgl. 42–43).

Ganz bewusst gestaltet Malle den Film Milou en mai nicht in gewohnt realistisch-dokumentarischer Art. Abgesehen von seiner Vision der historischen Vorgänge, der Verharmlosung der Krawalle (»So friedlich war es damals nicht, im Mai 1968«288

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Kilb (1990)
),

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