- 250 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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So verwandelt Malle die Perspektive des Zuschauers durch Großaufnahmen dahingehend, dass dieser den Eindruck erhält, als sitze er mit den Schauspielern am selben Tisch. Zudem spielt die Beleuchtung eine wichtige Rolle: »Stimmungsvoll ausgeleuchtet und in pastellartige Farben getaucht bekommt die Inszenierung eine visuelle Eleganz, wie man sie kaum für möglich gehalten hätte. So ist das Auge immer beschäftigt und man gerät nie in die ›Guckkasten‹-Sehweise des Theaters.«661

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Hamacher, Rolf-Ruediger: »Vanja on 42nd Street«. In: Film-Echo/Filmwoche Nr. 7 (17. 2. 1995), S. 30
Vor allem aber hebt eine Tatsache den Film von einer Theaterpräsentation ab: Malle filmt keine Aufführung, sondern den Gesamtdurchlauf des Stückes während einer Probe. Die Schauspieler, die sich hierzu im halbzerfallenen New Amsterdam-Theater einfinden, spielen in Straßenkleidung, sie sind lediglich behelfsmäßig geschminkt, der Hintergrund der Probebühne bleibt vage, und im Zuschauerraum finden sich – außer den Theatermitarbeitern – lediglich zwei Zuschauerinnen, Mrs. Chao, die Shawn mitgebracht hat, und die Nichte der Nanny-Darstellerin Phoebe Brand. »Nicht das Spielen wird geprobt, sondern das Proben wird gespielt – in der Geschichte des Schauspiels ein möglicherweise erstmaliger Vorgang.«662
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Lachat, Pierre: »Der sichbar gemachte Text. Vanya on 42nd Street von Louis Malle«. In: Filmbulletin 199 (2/95) März 1995, S. 12–15, hier S. 14
Jean-Marc Lalanne schreibt in seiner Kritik des Films in den Cahiers du Cinéma, Malle habe alle Merkmale des Theaters ausradieren wollen:

»L’astuce consiste à installer le film en montrant une troupe en répétition puis à effacer toutes les marques du théâtre. Pendant le temps de la représentation (à une interruption près), aucun contrechamp ne vient rappeler la présence hors-champ du metteur en scène et des autres participants de la pièce; une musique illustrative surgit d’on ne sait où et accompagne l’action; de toute évidence, les comédiens se placent par rapport à la caméra de Louis Malle et non plus pour être entendus par une hypothétique salle de théâtre ...«663

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Lalanne, Jean-Marc: »Vanya 42e rue«. In: Cahiers du Cinéma 488 (2/95), S. 59 (»Der Kniff besteht darin, die Truppe während einer Probe zu zeigen und anschließend alle Kennzeichen des Theaters auszuradieren. Während der Länge der Aufführung (bis auf eine Pause) erinnert keine Gegeneinstellung an die Präsenz des Regisseurs und der übrigen Beteiligten des Stückes; eine illustrative Musik ertönt plötzlich von Gott weiß woher und begleitet die Handlung; es ist sonnenklar, dass die Schauspieler sich für die Kamera Louis Malles bewegen und platzieren und nicht, um in einem hypothetischen Theatersaal gehört zu werden.«)

Hier wird bereits ein erster Hinweis auf die Funktion der Musik deutlich; er wird an späterer Stelle noch zu untersuchen sein. Es ist jedoch anzumerken, dass die Musik nicht die Handlung des Schauspiels begleitet, wie Lalanne fälschlicherweise behauptet, sondern in den Pausen erklingt.

Malle hebt an mehreren Stellen die geschlossene Leistung der Schauspieler hervor; für ihn haben allein sie und der von David Mamet ins Englische adaptierte Text den größten Anteil an der Wirkung des Stückes.664

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Vgl. Malle in French (1998), S. 276
Diese hatten ihre Rollen nach vierjähriger Probenzeit derart verinnerlicht, dass Malle für die Dreharbeiten lediglich zwei Wochen benötigte.

Formal besteht der Film aus der vollständigen Probeaufführung des Stückes, wobei zwischen dem ersten und zweiten und zwischen dem zweiten und dritten Akt


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