- 96 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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Einzig Dinh und sein Freund Ben bleiben, um dem rassistischen Terror zu trotzen und für Glorys Betrieb weiterzufischen. In einem Showdown stehen sich schließlich Dinh und Shang gegenüber, wobei letzterer von Glory erschossen wird.

Der Film, der laut Malle »wirkliche Integrität«237

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French (1998), S. 204
hat, wurde insbesondere von der amerikanischen Kritik negativ aufgenommen, zeigt er doch Seiten der amerikanischen Gesellschaft in einer Weise, die vielen US-Bürgern als denunzierend und als Einmischung vorkam. Die Schilderung der Rednecks, einer Bezeichnung für ländliche weiße Bürger mit geringer Bildung, die zu rassistischen Tendenzen neigen, nimmt im Film einen großen Raum ein; ihre Darstellung ist realistischer, als es vielen Amerikanern lieb war: »Der ölgänzende Primitive namens Rambo hat für die USA den Vietnamkrieg schließlich gewonnen. [. . . ] Die Wahrheit, die Malle in seinem Film ausspricht, die Realität, die er beschreibt, geht der in Märchen vernarrten Nation mit dem neuen rambonierten Bild von sich selbst gegen den Strich.«238
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Maerker, Christa: »Alamo Bay«. In: epd-Film 10/85, S. 26
Der Film beschreibt folglich eine Art Fortsetzung des Vietnamkrieges auf amerikanischem Boden, mit dem Paradoxon, dass Fischer wie Shang Pierce, selbst ein Vietnam-Veteran, nun gegen die Leute kämpfen und sie als Kommunisten bezeichnen, mit denen sie im Dschungel Seite an Seite ausgeharrt haben und die aufgrund ihres Engagements gegen den Kommunismus das Land verlassen mussten.

Malle freilich spricht sich vom Vorwurf des Denunziantentums frei und hatte im Gegenteil sogar die Intention, das Verhalten der Rednecks plausibel zu machen: »Ich wollte die Wurzeln des Rassismus bloßlegen. Die Vietnamesen wurden zu Sündenböcken, weil die Amerikaner sich bedroht fühlten.«239

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French (1998), S. 200
Malle zeigt wie schon in früheren Filmen viel Verständnis für seine Charaktere und vermeidet einfache Schwarzweißmalerei. So wird die Entstehung des Rassenhasses erklärt, anstatt durch »die Beschreibung einer gespenstischen Situation, in der eine hysterisch aufgepeitschte Meute nach Lynchjustiz dürstet«240
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Koll, Hans Peter: »Alamo Bay«. In: Filmdienst 22 (29. 10. 1985), Kritik Nr. 25335
einseitige Emotionen beim Filmbetrachter zu erwecken. Gerade dieser Aspekt der Neutralität der Darstellung wurde von einigen Kritiken angeprangert.241
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Vgl. vor allem Baecque, Antoine de: »Alamo Bay«. In: Cahiers du Cinéma 376 (10/85), S. 64 f., hier S. 64: »Une telle neutralité dans le ton, un tel effacement de la personnalité sont l’indiscutable signe d’un échec. [. . . ] de film, il n’y en a pas vraiment et l’on a plutôt affaire à un produit mou, incroyablement poreux, qui accueille tous les styles, tous les genres, donc finalement aucun: obsession documentaire, esthétique de feuilleton TV américain [. . . ]« (»Eine derartige Neutralität des Tons, ein derartiges Ausradieren des persönlichen Stils sind unbestreitbare Zeichen des Scheitern eines Films [. . . ]. Von Film kann man kaum reden, man hat es eher mit einem schlaffem, unglaublich porösen Produkt zu tun, das alle Stile und Genres vereint, dabei jedoch keinen wirklich vertritt: zwanghaft dokumentarisch hat es die Ästhetik eines amerikanischen Fernsehbeitrages.«) und Ann Lloyd in Films & Filming 377 (2/86), S. 30: »the rigidly schematic, uninspiring, unenlightening, styleless, gutless, pointless, leaden passing-of-time that is the film.«
Erneut zeigt sich hier jene Dokumentarästhetik, die bereits in anderen Filmen des Regisseurs dominierte und sich durch die Hereinnahme von Prinzipien des Dokumentarfilms in einen Fiktionsfilm äußert. Dabei entsteht ein Stilgemisch aus Abschnitten, die beispielsweise den Fischeralltag genauestens präsentieren und Szenen, die von einer tiefen Melancho-

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