6 Körper – Klang – Koppelung 27 6.1 Phylogenetische Aspekte körperlichen Ausdrucksverhaltens Eine Vielzahl an Untersuchungen lässt den möglichen Schluss auf eine Universalität körperlichen, emotionalen Ausdrucksverhaltens und dadurch in weiterer Folge auf angeborene Verhaltensmuster zu. Bevorzugt werden dabei Mimik, Gestik und laut-liches Ausdrucksverhalten von Kindern beobachtet, die taub und blind geboren wurden und daher keine Möglichkeit hatten, emotionales Agieren und Reagieren zu erlernen. Ergebnisse liegen auch im Kontext interkultureller Vergleiche vor, wo-bei hier wiederum ein besonderes Augenmerk auf Kinder gelegt wird, da diese im Vergleich zu Erwachsenen relativ kurze Zeit Teil einer Sozietät sind und daher die Möglichkeit des (sozialen) Erlernens und Bewertens von Ausdrucksverhalten mini-miert werden kann. Grundsätzlich soll zwischen dem Bewerten und dem Vollführen emotionalen Ausdrucksverhaltens unterschieden werden. Ersteres ist kulturabhängig, während Zweiteres kulturunabhängig zu sein scheint. Unter diesem Aspekt sind Untersu-chungen von Paul EKMANN (vgl. EKMANN 1977) zu nennen, der in dem von ihm so be-nannten » NEUROKULTURELLEN « Zugang versucht, interkulturell beobachtbare Universa-lien in der Gesichtsmimik zu beschreiben und deren neurophysiologische Basis zu erfassen und gleichzeitig den kulturellen Einfluss mitbeachtet. Daraus wird ein Kern an Grundemotionen mit universellem Charakter abgeleitet. EKMAN leitet sechs, PLUCHTIK acht und TOMKINS neun Grundemotionen her (BRANSCOMBE 1988, S. 6). Dieses Kategorisieren von Grundemotionen scheint dem individuellen, vielschichtigen Er-leben und Ausdrücken von Emotionen entgegen zu stehen und tatsächlich wird dies oft als Kritikpunkt dieser Theorien angeführt. Für die vorliegende Arbeit, die sich auf das Wahrnehmen von Images auf Basis von Klanglichkeit beschränkt, er-scheint es jedoch hinreichend, sich auf grundlegende Basisemotionen zu beziehen (vgl. ZEITLING/WESTWOOD 1986). Das mimische Ausdrücken von Emotion im Kontext von Theatermimik lässt ein Beobachten des kulturell Überformten zu, die vorliegende Fragestellung kann da-mit aus entgegengesetzter Perspektive betrachtet werden (vgl. EIBL-EIBESFELDT 1986, S. 201).Eine methodisch bemerkenswerte Verbindung zwischen körperlichem Aus-drucksverhalten und dessen emotionalen Gehalt stellt Manfred CLYNES in seinem Konzept der essentic forms her. Sein Verständnis von Emotion, er selbst nennt sie, um den Verwirrungen rund um diesen Begriff zu entgehen, sentic states, ist ein pri-mär körperlich-evolutionstheoretisches. Clynes‘ Zugang verbindet dieses körperliche, emotionale Ausdrucksverhalten mit dem klanglichen, emotionalen Ausdrucksverhalten, indem er mit dem eigens dafür konzipierten Sentograph den Fingerdruck in einer horizontalen und einer vertikalen Dimension im Verlauf der Zeit misst (vgl. CLYNES 1982). Er weist darauf hin, dass er den Fingerdruck mit allen dazugehörigen Parametern, wie Stärke und Winkel des Drucks, und nicht die Bewegung an sich misst. Aus den Ergebnissen seiner Unter-suchungen extrahiert Clynes so genannte essentic forms, die sich zeitlich auf einen