6 Körper – Klang – Koppelung 31 Die spezifische, vorsprachliche Kommunikation von Müttern mit ihren Kindern, aber auch jene anderer Bezugspersonen wird durch ein Ansteigen der Frequenz, durch das Verlangsamen des Sprechtempos und durch rhythmisches Sprechen mit Wiederholungen beschrieben (TREHUB 2000, S. 437). Das Reagieren der Babys darauf kann entweder auf eine Prädisposition oder auf pränatales Lernen zurückgeführt werden. Pränatales Lernen bedeutet, dass der Fötus, der bereits im Mutterleib von den Geräuschen seiner Umwelt beschallt wird, emotionale Qualitäten der Stimme der Mutter zu unterscheiden lernt. Hierzu ist anzumerken, dass der Fötus im Mut-terleib zwar auf die Stimme der Mutter reagiert, diese auch noch nach der Geburt deutlich bevorzugt (vgl. DECASPAR 1980), dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass sich diese spezifische Art der Kommunikation, mit der Mütter mit ihren Babys kommu-nizieren, erst nach der Geburt des Babys zu beobachten ist. Das bedeutet, auf der Ebene der vorsprachlichen Kommunikation kann ein grundlegendes Material an Klangqualitäten beobachtet werden. Wiegenlieder, als kulturell überformte und tradierte, teilweise auch mittels Zei-chen festgehaltene Klanglichkeit vorsprachlicher Kommunikation, die Kinder beru-higen und zum Einschlafen bringen sollen, sind Teil einer jeden Musikkultur. Ein interkultureller Vergleich von Wiegenliedern zeigt, dass sie in ihren akustischen Pa-rametern Gemeinsamkeiten besitzen (vgl. TREHUB 2001).Gesang allgemein, der an Kinder gerichtet ist, ist in der Frequenz höher und im Tempo langsamer als jener, der für Erwachsene bestimmt ist (MCDERMOTT/HAUSER 2005, S. 34). An dieser Stelle sei festgehalten, dass es empirisch belegte Ähnlichkeiten der Klangqualitäten von vorsprachlicher Kommunikation und Wiegenliedern gibt (vgl. TREHUB/TRAINOR 1998, TREHUB/TRAINOR UNYK 1993, TREHUB/SCHELLENBERG 1995 zitiert nach: TREHUB 2001, S. 10). Zudem gibt es Hinweise darauf, dass sechs Monate alte Kleinkinder dem typi-schen Sprechen, das an das Baby gerichtet ist, weniger Aufmerksamkeit schenken als dem an das Baby gerichtete Singen (PERETZ 2001, S. 114). Dies wird auch dem Ge-sang, der für Erwachsene bestimmt ist, vorgezogen (vgl. TREHUB 2000). Weiters er-kennen Kleinkinder einen Unterschied zwischen Gesang der direkt an sie gerichtet ist und Gesang, der in einem anderen Kontext dargeboten wird, auch wenn es sich um exakt das gleiche Lied, von derselben Person, in Versuchen zumeist von der Mutter, dargeboten, handelt (TREHUB 2000, S. 438). Vermutet wird, dass dies mit dem emotionalen Zustand der Mutter in Gegenwart des Kindes zu tun hat, der für das Kleinkind über die Klanglichkeit des Singens wahrnehmbar ist (TREHUB 2000, S. 438). Kleinkinder scheinen damit sowohl Unterschiede zwischen dem, an Kleinkinder gerichteten, Sprechen als auch dem, an Kleinkinder gerichteten, Singen wahrzuneh-men. In beiden Fällen werden die sprachlichen Bedeutungen der Wörter nicht ver-standen, können daher nur auf Grund der zugänglichen Information, der Klanglich-keit, unterschieden werden. Das weist auf die Bedeutung dieser für die Kommuni-kation mit Babys und Kleinkindern hin, deren Basis wohl jene von emotionalen Ge-stimmtheiten ist.