7 Theoriengebäude: Musik als Mediatisierungsphänomen 33 die Entwicklung des Säuglings durch auf ihn zugeschnittenen Input gefördert (PAPOUSEK 1994, S. 34). Dies bedeutet, dass Kommunizieren, nicht nur auf lautlicher Ebene, für Säuglin-ge und Kleinkinder von besonderer Bedeutung ist. Dies kann phylogenetisch be-gründet werden, zudem zeigen empirische Untersuchungen, dass völliges Ausblei-ben kommunikativer Handlungen, von Berührungen bis zum lautlichen Kommuni-zieren, den Tod der betroffenen Säuglinge zur Folge hat.Das gleichsam intuitive, auf Klanglichkeit beruhende, Kommunizieren von Müt-tern mit ihren Babys und Kleinkindern unter Berücksichtigung der zuvor genann-ten Annahme, dass Klang, trotz seiner kulturellen Überformung (siehe Wiegenlie-der) Information enthält, diese ja quasi ist, befähigt Klang zur Kommunikation grundlegender Emotionen. Daher könnte Kommunikation jener Aspekt sein, der die phylogenetisch und ontogenetisch determinierte Verquickung und Entwicklung von Klanglichkeit und Emotion zusammenführt.7 Theoriengebäude: Musik als Mediatisierungsphänomen An dieser Stelle sollen nun die zuvor genannten Ansätze zusammengeführt werden und in jenes übergeordnete theoretische Gebäude eingegliedert werden, das Musik als ein Mediatisierungsphänomen (vgl. JAUK 2009) erachtet. Hier steht die Unmittel-barkeit des lautlichen, emotionalen Ausdrucks als nicht mediatisierter Klang dem mittelbaren, in Zeichen gebrachten Klang auf einem Kontinuum gegenüber. Der Prozess der die Entwicklung von Musik, aber auch Sprache, als eine Entwicklung vom emotionalen Ausdruckslaut hin zu einer mit Zeichen operierenden Musikkul-tur wird hier als ein Mediatisierungsprozess verstanden. Darin ist Musik jedoch nicht nur als die kulturelle Überformung des emotionalen Ausdruckslautes bzw. Ausdrucksverhaltens zu sehen, sondern auch als eine theoretische Herangehens-weise, die abseits eines wertenden Denkens in historischen Entwicklungen und Ver-läufen unterschiedliche musikalische Erscheinungsformen hinsichtlich ihres Media-tisierungsgrades, d. h. ihrer Entfernung vom unmittelbaren emotionalen Aus-druckslaut und Ausdrucksverhalten betrachtet – vom gering mediatisierten körper-lichen Musizieren und Rezipieren bis hin zu über Codes repräsentierte und damit hoch mediatisierte Klanggestalten (Jauk 2009). Die grundsätzliche Annahme, Klang bzw. Musik könne auch vorzeichenhaft/signalhaft betrachtet werden, damit unmittelbar kommunizieren und Stimulans sein, wird darin explizit gemacht. Diese Ausführungen basieren auf einer erweiterten Sicht der Semiotik, die auch Eingang in Forschungsansätze aus dem Bereich des Marketings gefunden hat; mu-siksemiotische Fragestellungen und musiktheoretische Erkenntnisse werden hier für das Marketing nutzbar gemacht.