44 Sound und Image: Theorie S. 57). Ob nun die visuelle oder die auditive Sinnesmodalität in der Wahrnehmung dominiert, hängt letztlich davon ab, welche dieser Sinnesmodalitäten am besten zur Lösung einer Aufgabe geeignet ist. Zudem gibt es Hinweise experimenteller Forschung, dass es multimodale Neu-ronen gibt, deren größte Aktivität im Kontext bei Verarbeitung multimodaler Sti-muli zu beobachten ist.In diesem Zusammenhang ist die Arbeitsweise der Spiegelneuronen (vgl. RIZZOLATTI/CRAIGHERO 2004) zu nennen: In experimentellen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass bestimmte Hirnareale nicht nur im Zusammenhang mit dem Ausführen einer Handlung, sondern auch im Zusammenhang mit der Beobachtung oder Vorstellung dieser und dem Hören des zu dieser Handlung gehörenden Klan-ges, aktiviert werden (vgl. LAHAV/SALTZMAN/SCHLAUG 2007; KOHLER/KEYSERS/UMILTÁ et al 2002; BAUER 2005). Diese Ergebnisse sind insofern im Zusammenhang mit der vorlie-genden Fragestellung von Bedeutung, als das Beobachten einer Handlung oder ei-ner Emotion – dies könnte hier das Benutzen des Produktes oder das Empfinden ei-ner Emotion beim Benutzen eines Produktes sein – neurobiologisch betrachtet jene Areale aktiviert, die aktiviert würden, würde der/die Beobachtende das eben Beob-achtete selbst tun oder empfinden. Auch wenn die neurobiologische Aktivierung durch Beobachtung noch kein Handeln zur Folge haben muss, so ist zumindest ein Handlungsplan neurobiologisch angelegt – ob und wie dieser umgesetzt wird, ist wohl in einem Zusammenhang mit der Umgebung bzw. äußeren Umständen zu se-hen.Eine zentrale Eigenschaft des Mediums Fernsehen ist, dass der/die Rezipierende auf mehr als einem Sinneskanal angesprochen wird, was an sich für den Menschen etwas Alltägliches ist. Das Ansprechen zweier Sinneskanäle bietet einerseits einen Dekodierungsvorteil für den Nutzer, andererseits können durch die Schnelligkeit in der zeitlichen Abfolge der Darbietung » Überrumpelungseffekte « entstehen (SCHRAMM/HASEBRINK 2004, S. 468). In diesem Zusammenhang sei auch das Phänomen der fehlenden Halbsekunde erwähnt, die für das kognitive Bewerten der oft unspe-zifischen Erregung des Rezipienten notwendig ist (vgl. STURM/JÖRG 1980 zitiert nach: BONDAFELLI 2001, S. 210).Ein wesentlicher Aspekt im Kontext dieser Fragestellung ist die Tatsache, dass der auditive Sinn permanent Reize aufnimmt und verarbeitet, unabhängig davon, ob der Rezipient sich dessen bewusst ist oder nicht. Das heißt, ein Weghören im Sin-ne eines analog dazu verstandenen Verschließens der Augen ist nicht möglich. Un-ter der Berücksichtigung aktivierender Eigenschaften von Klanglichkeit (vgl. HARRER 1977) kann diese Aktivierung zwar unter Beachtung der Reagibilität (siehe Kapitel » Körper – Klang – Koppelung « ) bewusst unterdrückt werden, unter Voraussetzung des nicht bewussten Wahrnehmens jedoch dennoch stattfinden. Akustische Reize können unabhängig davon, ob ein gleichzeitig dargebotenes visuelles Material als beruhigend oder erregend empfunden wird, physiologisch aktivierend wirken (DE LA MOTTE-HABER 1996, S. 239). Dies sollte Anstoß geben, das Konzept der Reagibilität im Kontext des Mediennutzungsverhaltens differenzierter zu diskutieren.