8 Medienpsychologische Kontextualisierung 45 8.2 Fernsehnutzungsverhalten und körperliches Erregungsmanagement Das Nutzen von Medien ist Teil unseres Alltags und kann, je nach theoretischer Per-spektive, durch sehr unterschiedliche Zugänge beschrieben und auch erklärt wer-den (vgl. BONDAFELLI 2000; SCHWEIGER 2007). Dieses Kapitel fokussiert das Nutzungs-verhalten des Mediums Fernsehen, wobei der USES-AND-GRATIFICATIONS-ANSATZ sowie der SELECTIVE EXPOSURE-ANSATZ hinsichtlich der vorliegenden Fragestellung bearbeitet werden. Die Fokussierung auf den Selective-Exposure-Ansatz bzw. auf die Mood-Management-Theorie dient dazu, den grundlegenden Ansatzpunkt dieser Arbeit, der Körperlichkeit in Hinblick auf unmittelbares Kommunizieren über Klang in den Mittelpunkt stellt, auch unter Bezugnahme von Mediennutzungstheorien zu thema-tisieren – dass dieser im Kontext der vorliegenden Arbeit nicht als der einzig mög-liche Zugang verstanden wird, sei an dieser Stelle festgehalten.Im Kontext des Fernsehnutzungsverhaltens steht der USES-AND-GRATIFICATIONS-ANSATZ (ROSENGREN/ WENNER/ PALMGREEN 1985, zitiert nach: SCHRAMM/HASEBRINK 2004, S. 471), der davon ausgeht, dass Rezipienten ihre Bedürfnisse kennen und auf Grund derer das Nutzungsverhalten bewusst steuern, dem SELECTIVE EXPOSURE-ANSATZ von Zillmann und Bryant (SCHRAMM/HASEBRINK 2004, S. 474) gegenüber, der von ei-nem unbewussten Verhalten ausgeht. Der Uses-and-Gratifikations-Ansatz wurde in den 1970er Jahren entwickelt und geht von fünf Prämissen aus: 1. von aktiven, wil-lentlich agierenden RezipientInnen, 2. von der von RezipientInnen ausgehenden Medienwahl, 3. von der Annahme, dass die Nutzung eines Mediums nicht die ein-zige Möglichkeit der Bedürfnisbefriedigung darstellt 7 , 4. von der Annahme, dass RezipientInnen ihre Bedürfnisse artikulieren können, damit – in Hinblick auf me-thodisches Vorgehen – über diese befragt werden können und 5. von dem wissen-schaftstheoretisch bedeutenden Hinweis, dass Bewertung des Mediennutzungsver-haltens in kultureller Hinsicht nicht zu beurteilen ist 8 (BATINIC 2008, S. 113).Den Erregungstheorien ist die MOOD-MANAGEMENT-THEORIE, hierzu zählt auch der Selective-Exposure-Ansatz, und die SENSATION-SEEKING-THEORIE 9 zuzuordnen (BATINIC 2008, S. 116f.). Der Selective-Exposure-Ansatz geht von keiner bewussten Steuerung des Mediennutzungsverhaltens aus, die Programmauswahl geschieht nach dem Ausschlussprinzip, wobei negative Erfahrungen die zukünftige Programmauswahl beeinflussen (SCHRAMM/HASEBRINK 2004, S. 474). Die MOOD-MANAGEMENT-THEORIE (vgl. ZILLMANN 1988) basiert auf der Prämisse, dass Menschen hedonische Wesen sind: unangenehme Situationen werden vermie-den oder abgeschwächt, positive, belohnende Situationen herbeigeführt. Daraus wird jene Theorie formuliert, wonach Menschen ihre Welt durch das Herbeiführen von angenehmen Stimuli und Vermeiden unangenehmer Stimuli gestalten. An die-ser Stelle sei auch auf den physiologischen Mechanismus der HOMÖOSTASE verwiesen, 7 » The media compete with other sources of need satisfation « (KATZ/BLUMLER/GUREVITCH 1974, S. 511).8 » Value judgements about the cultural significance of mass communication should be suspended while audience orientations are explored on their own terms « (KATZ/BLUMLER/GUREVITCH 1974, S. 511).9 Hierzu zählen vor allem Theorien zum Zusammenhang von Persönlichkeit und Medienwahl, hier auch Interesse an Musikrichtungen (vgl. WEISSKIRCH/MURPHY 2004).