48 Grundlagen automatischer Notengenerierung Lage, aus einem speziellen Kontext heraus zu entscheiden, welche Bedeutung im vorliegenden Fall gewünscht wird. Um eindeutige Resultate produzieren zu können, bedarf es folglich eindeutiger Angaben. Die Forderung nach einer gemeinsamen Eingabesprache für Anwender und Com-puter, schließt bereits sämtliche in nur eine Richtung optimierte Codierverfahren aus. Dazu gehören in besonderem Maße die binären Codes, welche die Eingabe-informationen in einer für den Computer leicht zu verarbeitenden Form hinterle-gen und dazu Strukturen aus Byte-Sequenzen verwenden. Der Code wird dadurch zwar sehr kompakt und ist algorithmisch effizient handhabbar, dafür aber völlig unleserlich, so daß zu seiner Generierung spezielle Eingabewerkzeuge herangezo-gen werden müssen. Notenbeschreibungen, die sowohl vom Menschen als auch vom Computer gelesen werden sollen, basieren sinnvollerweise auf Buchstaben, Ziffern und anderen darstellbaren Zeichen.8 Dabei greifen die alphanumerischen Codes auf Symbole des ASCII-Zeichensatzes zurück, der betriebssystemübergreifend eine ein-heitliche Zuordnung zwischen Zeichen und zugehörigem Bytewert garantiert. Mit anderen Worten bleibt ein in einem Text enthaltenes kleines »a« auch beim Wech-sel des Betriebssystems oder der länderspezifischen Zeichentabelle ein kleines »a«. Der ASCII-Vorrat beschränkt sich allerdings auf die gebräuchlichsten Zeichen des englischen Sprachraums und schließt insbesondere deutsche Umlaute und die Liga-tur »ß« nicht mit ein. Dies hat dazu geführt, daß zwar alle heutigen Betriebssysteme die Vorgaben des ASCII-Standards einhalten, die freien Positionen der Zeichenta-belle aber individuell belegen. Damit mutiert beispielsweise ein unter DOS ein-gegebenes »ß« unter Windows – immerhin ein System desselben Herstellers – zu einem »á«. Soll der Eingabecode also plattformunabhängig sein, um zwischen ver-schiedenen Systemen ausgetauscht und bearbeitet werden zu können, muß sich die Menge der verwendbaren Zeichen auf die vom ASCII-Standard erfaßten Symbole beschränken. Neben der eindeutigen Zeichendarstellung ist natürlich die schon erwähnte Ein-deutigkeit des Codes selber von entscheidender Bedeutung. Zum einen darf sich die Semantik der verwendeten Zeichen und Zeichenfolgen nicht ändern und zum an-deren muß sich die Struktur des codierten Notenbildes in der Struktur des Codes niederschlagen. Ohne eine solche Isomorphie, die strukturerhaltende Eineindeutig-keit zwischen zwei Darstellungsformen, ist der Code wertlos. Doch welche Aspekte der Musiknotation gehören zu den »erhaltenswerten« Strukturen? Ist es wichtig, daß die Noten entsprechend ihrer enharmonischen Deutung unterschieden werden können, oder genügt wie auf der Klaviatur ein Repräsentant? Sind Notenschlüs-sel im Code eindeutig zu beschreiben oder darf der Generator beispielsweise einen hilfslinienminimierenden Schlüssel auswählen? Wie werden Balken und Bögen ge-handhabt? Muß ihr graphischer Verlauf exakt im Code hinterlegt werden? Diese Fragen berühren den Kern musikbezogener Codierverfahren, aufgrund dessen eine unüberschaubare Zahl verschiedener Codiervarianten existieren, denn jedes Noten-bild besitzt drei voneinander nahezu unabhängige Kontexte, die von einem Code in unterschiedlichem Maße berücksichtigt werden können: der graphische, der ana- 8 Ein »Zeichen« muß aus Sicht des Computers nicht zwangsläufig eine darstellbare Gestalt besitzen, sondern kann auch in Form eines Steuerzeichens ein akustisches Signal oder Cursor-bewegungen bewirken.