106 Die Realisation taktart-konformer Rhythmusnotationen 4.2 Die optische Aufbereitung von Synkopen Nachdem nun die prinzipiellen Grundlagen zur algorithmischen Berechnung metri-scher Gewichte gelegt sind, soll in diesem Abschnitt eine erste notationsrelevante Anwendung derselben vorgestellt werden. Immer wenn darzustellende Notenbilder von den Eingaben des Benutzers abhängen, also z.B. aus MIDI-Daten oder durch direktes Klicken auf die Notenlinien generiert werden sollen, geschieht es zwangs-läufig, daß typographische Korrekturen vorgenommen werden müssen, um als Re-sultat ein korrektes Notenbild zu erhalten. Beispielsweise könnte ein Lernprogramm seinem Anwender für eine simple Rhythmuseingabe nur einfache Notenwerte samt Verlängerungspunkt zur Verfügung stellen und die Eingabe komplexerer Strukturen durch Vorenthaltung des Haltebogens verhindern. Gleichzeitig ist der Programm-autor aber vielleicht darauf bedacht, die metrische Struktur der Takte nicht zu verschleiern, so daß eingegebene Synkopen eventuell optisch aufbereitet, also z.B. Notenwerte in kleinere zerlegt und angebunden werden müssen. Einige Beispiele wurden bereits im Abschnitt 4.1 besprochen, wie etwa der folgende Vierviertel-takt: 44 oe. oe. oe Erfahrenen Musikern bereitet diese Schreibweise wahrscheinlich keinerlei Schwie-rigkeiten, doch Musikschülern wird auf diese Weise der klare Blick auf die Takt-schlaggrenzen verwehrt. Deshalb lautet eine Notationsregel gemäß Read: »With the exception of the half note, notes that fall on a weak (unaccented) beat of a duple meter (such as 4 4 ) should never be dotted.«27 Die obige Synkope ist also durch eine Viertel- mit angebundener Achtelnote dar-zustellen. Was in diesem speziellen Fall durch eine ebenso spezielle Notationsregel abge-deckt wird, sollte für einen sinnvollen Einsatz möglichst allgemeingültig formuliert und formalisiert werden. Genau hier liegt das Problem. Im Laufe ihrer Entwick-lung hat die Notenschrift ein umfangreiches Regelwerk hervorgebracht, das für bestimmte Situationen konkrete Anweisung zur Anordnung der Notationselemente bereithält. Ihre Allgemeingültigkeit läßt allerdings zu wünschen übrig und darüber hinaus werden stellenweise sogar fehlerhafte Verallgemeinerungen vorgenommen. Dieses zum Anlaß nehmend, stellte Donald Byrd im Rahmen seiner Dissertation verschiedene Regeln auf, auf deren Grundlage entschieden werden kann, ob und an welcher Stelle eine Note zerlegt werden muß.28 Leider berücksichtigen sie keine Pau-sen, deren optische Aufbereitung sich von Einzelnoten und Akkorden unterscheidet. Des weiteren formuliert Byrd seine Regeln zwar korrekt, aber umgangssprachlich, so daß ihre formale Beschreibung einschließlich der dafür notwendigen Parameter noch daraus abgeleitet werden muß. 27 Read (1979), S. 118. 28 Vgl. Byrd (1985), S. 130–132.