138 Positionierung und Ausrichtung notengraphischer Elemente unruhiges, den homogenen Akkordaufbau durch wechselnde Halsrichtungen und Notenkopfauslagerungen optisch verwischtes Notenbild zu vermeiden: oeoeoeoe oeoeoeoe oeoeoeoe oeoeoeoe statt oeoeoeoe oeoeoeoe oeoeoeoe oeoeoeoe Die Entscheidung darüber, ob an einer bestimmten Stelle von der Standardrichtung eines Hals abgewichen werden soll, hängt in hohem Maße vom Notenumfeld und dem ästhetischen Empfinden des Notensetzers ab, so daß aus Sicht des computer-gestützten Notensatzes ein typischer Fall notwendiger manueller Nachbearbeitung vorliegt. Allein auf die Vorschläge des Computers zu vertrauen, reicht aus allge-meingültiger Sicht nicht aus, denn die Frage nach den exakten, formal beschreib-baren Voraussetzungen für die Regelausnahme kann nicht beantwortet werden. Zu vielfältig sind die Spezialfälle und Ausnahmeregelungen und verhindern mit der Konsequenz eines weniger perfekten Notenbildes ihre Automatisierung. Wie erwähnt, bereitet die Halssetzung bei zweistimmigen Notensystemen kei-nerlei Schwierigkeiten, da in diesem Fall normalerweise eine eindeutige Trennung zwischen Ober- und Unterstimme vorliegt, welche wiederum eine intuitive Stie-lung16 vorgibt: Die Hälse der Oberstimme zeigen nach oben, die der Unterstimme nach unten. Nun ist es durchaus üblich, auch mehr als zwei unabhängige Stimmen im gleichen Notensystem unterzubringen, um etwa das Blattspiel einer fünf- oder sechsstimmigen Klavierfuge zu erleichtern. An dieser Stelle wird erneut die Bipola-rität der Notenschrift deutlich, die einerseits dem Komponisten Möglichkeiten zur Verfügung stellt, seine Ideen – wie das kontrapunktische Geflecht – festzuhalten und dem Musiker andererseits mittels gut leserlicher Notenanordnungen entgegen kommen soll. Es stellt sich an dieser Stelle also die Frage nach den Halsrichtun-gen bei vielstimmigen Systemen. Wanske liefert darauf eine eindeutige Antwort: Besteht ein Notensystem aus n > 1 unabhängigen Stimmen, dann können diese der Reihe nach, beginnend bei der höchsten bis zur tiefsten Stimme von 1 bis n durchnumeriert werden. Laut Wanskes Vorschrift zeigen nun die Hälse der Stim-men n+1 1 bis 2 geradzahliger Stimmenzahl die Hälfte der höheren Stimmen aufwärts und die un-tere Hälfte abwärts gestielt wird. Im Falle einer ungeraden Stimmenzahl gilt im Prinzip das gleiche, nur weist der Hals der mittleren Stimme stets aufwärts, so daß eine Unausgewogenheit zugunsten der Oberstimmen besteht. Leider gestaltet sich die Beantwortung der Frage doch nicht so eindeutig, denn Roush behauptet abweichend von dem gerade beschriebenen Prinzip: »If there is an even number of voices on the staff, the stems of half point up and half down; if odd, the »middle« voice is treated the same as a single voice on the staff.«18 15 Vgl. Ross (1987), S. 85 und Wanske (1988), S. 189. 16 In der Fachsprache der Notenstecher wird der Notenhals Stiel und die Halssetzung Stielung genannt (vgl. z.B. Wanske (1988), div. Seiten). 17 Vgl. Wanske (1988), S. 191. 18 Roush (1988), S. 11.