5.2 Horizontale Ausrichtung lokaler Akkordgruppen 139 Mit anderen Worten: Die Hälse der Mittelstimme zeigen nicht, wie von Wanske no-tiert, standardmäßig aufwärts, sondern werden analog zu denen einer Einzelstimme abhängig von den Notenkopfpositionen angebracht. Grøver hingegen widerspricht beiden Regeln und möchte sich auf keine eindeutige Halsrichtung bei Mittelstim-men festlegen. Er unterscheidet von Fall zu Fall in Abhängigkeit von den zusam-mentreffenden Akkorden über die letztlich optimale Richtung.19 Welcher der drei Vorschläge ist nun der richtige? Da die Vielstimmigkeit eines Notensystems ei-ne vergleichsweise seltene Eigenschaft desselben ist, scheint sich keine eindeutige Stichpraxis herauskristallisiert zu haben. Abhängig von Verlag und Notensetzer kommen unterschiedliche hauseigene Regeln zum Einsatz. Für diese Arbeit bedeu-tet dies letztlich nur, eine dieser Varianten auswählen und konsequent anwenden zu müssen. Grøvers Ansatz scheidet sicher sofort aus, da die Variabilität und die damit in Verbindung stehenden hochgradigen Unregelmäßigkeiten der Halsrichtun-gen erheblich zu den Anordnungsproblemen beiträgt, die er in oben erwähntem Technischen Bericht zu lösen versucht. Alternativ besteht natürlich die Möglich-keit, im Eingabecode zusätzliche Informationen über die Hälse zu verlangen, doch erhöht dies den Codieraufwand nicht unerheblich und widerstrebt dem hier verfolg-ten Ansatz. Die Präferenz für eine der anderen Varianten ist letztlich eine Frage des Geschmacks und soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden, zumal keine gewichtigen Gründe zur Bevorzugung einer bestimmte Methode existieren. Nachdem nun die primären Eigenschaften einzelner Akkorde algorithmisch be-stimmt werden können, ist das Augenmerk auf die Kombination mehrerer Akkorde mit identischer Einsatzzeit – die Akkordgruppen – zu richten. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei ihrer Positionierung um einen der schwierigsten Bereiche des computergestützten Notensatzes überhaupt. Diese Schwierigkeiten basieren nicht in erster Linie auf den »Kernelementen« Notenkopf und Notenhals eines Akkordes sondern begründen sich hauptsächlich durch die Anwesenheit horizontal assoziier-ter Symbole, also den Versetzungszeichen und Wertpunkten. Beide Elemente sind zwar logisch an den Akkord gebunden, erweisen sich bezüglich ihrer Plazierung im Verbund aber als relativ eigenständig. Aus diesem Grund werden der Anordnung von Versetzungszeichen und Wertpunkten im Anschluß an diesen zwei separate Abschnitte (5.2.2 und 5.2.3) gewidmet und für die folgenden Ausführungen bereits positionierte Punkte und Akzidentien angenommen. Der vermeintlich einfachste Fall liegt vor, wenn lediglich zwei verschiedene Stim-men zu einem Zeitpunkt aufeinandertreffen. Sind die Notenbereiche von Ober- und Unterstimme dabei so voneinander getrennt, daß sämtliche Noten der Oberstimme mindestens eine Terz über den Noten der Unterstimme liegen, dann können die Akkorde problemlos untereinander plaziert werden, ohne Rücksicht auf eventuelle Notenkopfkollisionen nehmen zu müssen. Leider gestaltet sich auch dieser nota-tionstechnisch günstigste Fall bei näherer Betrachtung nicht so eindeutig, wie es zunächst den Anschein haben mag. Da Akkorde bekanntlich nicht nur aus einer Notenkopfebene bestehen müssen, sondern Köpfe gemäß den oben beschriebenen Kriterien seitlich ausgelagert werden können und sich die Auslagerungsrichtung darüber hinaus bei auf- und abwärts zeigenden Hälsen unterscheidet, gibt es – wenn sowohl Ober- als auch Unterstimme ausgelagerte Notenköpfe enthalten – 19 Vgl. Grøver (1989b), S. 2.