5.2 Horizontale Ausrichtung lokaler Akkordgruppen 153 technische Konsequenz zeigt sich in Form eines nachteiligen Nebeneinanderstellens der punktierten und unpunktierten Akkorde. So nimmt es nicht Wunder, daß diese Art der Punktverteilung weder Einzug in Notationsprogramme gefunden hat, noch in Partituren neuerer Kompositionen – dabei treten hauptsächlich diese Proble-me auf – Verwendung finden. Innerhalb eines Akkordes ist es ohnehin unmöglich, verschiedene Notenwerte zu fordern, denn dies widerspricht offensichtlich seiner Definition. Ein Akkord hat einen eindeutigen Notenwert und damit eine eindeutige Punktierung. Aus diesem Grund ist es problemlos möglich, auf einige Wertpunkte zu verzichten und gleichzeitig ein weniger überladenes, leichter lesbares Notenge-füge zu produzieren. Doch welche Punkte kommen für diesen Verzicht in Frage? Grøver liefert darauf mit seinen vier Regeln die Antwort:45 1. Jeder Notenkopf erhält einen Wertpunkt. 2. Die Wertpunkte werden von oben nach unten verteilt. 3. Wertpunkte von Notenköpfen in Zwischenräumen werden ohne Rücksicht auf dort schon vorhandene Punkte im selben Zwischenraum untergebracht. 4. Befindet sich ein Notenkopf auf einer Linie, so wird sein Wertpunkt im dar-überliegenden Zwischenraum plaziert. Ist dieser schon durch einen Punkt be-setzt, wird ohne weitere Berücksichtigung dort eventuell vorhandener Punkte der darunterliegende Zwischenraum genutzt. Im Gegensatz zu Gourlays Verfahren produzieren diese Regeln bewußt Punktüber-lagerungen und vermeiden so die unnötigen Punktkolonnen. Zwar erhält auch hier-bei jeder Kopf seinen eigenen Punkt, doch können dem Notenleser einige Punkte als Folge des direkten Übereinanderdruckens verborgen bleiben, so daß demzufolge bei belegten Zwischenräumen auf die doppelte Darstellung des letztlich nur einfach sichtbaren Punktes verzichtet werden kann. Das obige Beispiel erhält bei Anwen-dung von Grøvers Regeln somit die folgende Gestalt: Die vier Regeln sind in der obigen Form mit einer Ausnahme dazu geeignet, die korrekte vertikale Positionierung aller Wertpunkte zu gewährleisten. Lediglich bei Unterstimmen mit fixiertem, abwärtsgerichteten Hals – nicht bei Stimmen mit va-riabler Halsrichtung – kehren sich sämtliche Richtungsangaben der Regeln um, wenn die betroffenen Noten bzw. Akkorde mehr als eine Terz unter den aufwärts behalsten Akkorden derselben Einsatzzeit liegt.46 Diese Ausnahme garantiert die eingangs beschriebene stichgemäße Punktplazierung. Schwierig wird es, wenn sich zwei Akkorde bis zum Sekundabstand nähern oder gar Stimmkreuzungen vorliegen. Hierbei hängt es sowohl von der Akkordkonstellation als auch vom rhythmischen Gefüge ab, ob die Akkorde der verschiedenen Stimmen getrennt mit Wertpunkten versehen oder aber sämtliche Notenköpfe einer Einsatzzeit imaginär zusammenge-faßt werden, um diesem Konglomerat als Einheit gemäß Grøvers Regeln die Punkte 45 Grøver (1989b), S. 136. 46 Vgl. Grøver (1989b), S. 137.