156 Positionierung und Ausrichtung notengraphischer Elemente Praxis des Wiener Notenstechers Karl Hader (1 : 1,5 : 2 : 3)52 und derjedigen von Ted Ross (1 : 1,4 : 1,9 : 2,9)53 abweichen. Die Liste der unterschiedlichen Ab-standspräferenzen ließe sich noch weiter fortführen. Daraus ist zu schließen, daß einerseits ein einheitliches Regelwerk zur Abstandsberechnung fehlt, aber ande-rerseits die Toleranzgrenze des Notenlesers offenbar alle Varianten einschließt und ihm wahrscheinlich lediglich in Form eines etwas dichter beziehungsweise lockerer gesetzten Notenbildes auffällt. Der Notengraphiker Herbert Chlapik wird dieser Tatsache durch den Verzicht auf die Angabe konkreter Abstandsproportionen ge-recht. Er stellt diesen statt dessen Wertebereiche entgegen, welche gleich mehrere der oben genannten Verhältnisse einschließen.54 Bei genauerer Betrachtung der explizit angegebenen Verhältniszahlen ist leicht festzustellen, daß sie im wesentlichen einer logarithmischen Beziehung gehorchen. So läßt sich aus der Verhältnisfolge 1 : 2 : 3 : 4 eine vom Notenwert w abhängige Funktion ψ1 : Q∗+ → R mit der Definition w wmin ψ1(w) = 1+log2 (5.1) ableiten. Der Parameter wmin bezeichnet dabei den Notenwert mit dem kleinsten Abstand zur Folgenote, also die Tondauer, welche gemäß den obigen Angaben die Verhältniszahl 1 erhält. In den vorangegangenen Beispielen wurde stets wmin = 1 8 gewählt, denn sämtliche Abstände errechnen sich, wie erwähnt, relativ zum Ab-stand einer Achtelnote. Wanskes Variante (1 : 1,4 : 1,8 : 2,2) erhält somit unter den gleichen Voraussetzungen die Form w wmin ψ0,4(w) = 1+0,4 · log2 . Die Verwandtschaft der beiden Funktionen ψ1 und ψ0,4 ist offensichtlich und legt somit die Vermutung nahe, mit ihrer Verallgemeinerung w wmin ψa(w) = 1+a · log2 für ein a ∈ (0, 1] (5.2) eine geeignete Funktionenschar zur Beschreibung beziehungsweise Approximation der in der Praxis realisierten Notenabstände gefunden zu haben. Haders und Ross’ Proportionen lassen sich durch ein ψa allerdings nur sehr grob beschreiben, denn mit zunehmendem Notenwert wachsen die zugehörigen Abstände stärker.Um genau dieses Verhalten nachzubilden, scheint eine Funktion der Gestalt w wmin für ein a ∈ (0, 1] (5.3) ψ∗a(w) = (1+a)log2 deutlich besser geeignet zu sein, denn mit Wahl des Parameters a = 0,42 wer-den 8 , 1 4 , 1 2 und 1 fast exakt auf die Verhältniszahlen der beiden die Notenwerte 1 letztgenannten Notenstecher abgebildet. 52 Diese Werte ergeben sich aus Haders Angabe, daß »1 Viertel = 1 1 2 Achtel, 1 Halbe = 2 Achtel, 1 Ganze = 3 Achtel« entsprechen. (Hader (1948), S. 52). 53 Ross gibt die Abstände in Linienzwischenräumen an (Ross (1987), S. 77); die hier dargestellten Werte ergeben sich nach entsprechender Umrechnung. 54 Vgl. Chlapik (1987), S. 36.