6.1 Balken 183 können. Solange sich die Graphikausgabe auf waagerechte und senkrechte Linien beschränkt, spielt die zur Verfügung stehende Auflösung keine Rolle, bei davon geringfügig abweichenden Steigungen entstehen jedoch auffällige Treppenmuster: Eine Stichregel, die ursprünglich zur Vermeidung qualitätsmindernder Nebeneffekte aufgrund technischer Unzulänglichkeiten erdacht wurde, provoziert demzufolge bei einer unreflektierten Übertragung auf die Bildschirmdarstellung einen neuen, gerä-teabhängigen Nebeneffekt. Dieser tritt bei Balkensteigungen nahe Null besonders deutlich zu Tage, so daß Chlapiks Empfehlung, bestimmte Notenfolgen durch soge-nannte schleichende Balken, deren Endpunkte auf derselben Linie unterschiedlich positioniert werden, zu verbinden,8 den Treppeneffekt geradezu heraufbeschwört. Auch Anti-Aliasing-Verfahren vermögen die Stufenwirkung bei diesen kleinen Win-keln nur unbefriedigend zu glätten. Aus diesem Grund liegt es nahe, auf die mi-nimalen Steigungsvariationen vollständig zu verzichten und die Balkenenden bei-spielsweise stets mittig – also schneidend – auf die Notenlinien zu legen. Die radikale Alternative, zur Beseitigung der Treppenmuster ausschließlich horizontal verlaufen-de Balken auf dem Bildschirm auszugeben, scheint hingegen wenig sinnvoll, denn einerseits sollen eine optimale Balkensetzung den Tonhöhenverlauf der zugehörigen Noten optisch unterstützen und andererseits extreme Halslängen mit der Konse-quenz großer Notenkopf-Balken-Distanzen vermeiden. Nun ist die Auswahl einer geeigneten Steigung wegen der Verankerung mit den Notenlinien nicht sehr groß – bei bekannter Steigungsrichtung kommen höchstens zwei oder drei verschiedene Werte in Frage –, sie muß aber dennoch der Tonhö-henverteilung sowie der Balkengruppengröße gerecht werden. Gleichzeitig darf sie aber nicht beliebig stark anwachsen, denn ein Höhenunterschied von maximal drei Notenlinien wird in nahezu keiner Partitur überschritten. Heussenstamm zitiert so-gar eine noch schärfere Regel, die in dieser Form allerdings nicht bestätigt werden konnte: »It is highly advisable to follow the old engraver’s rule that the tilt of a beam should not exceed the width of one staff space, regardless the contour of the noteheads.«9 Deutlich praxisnäher ist dagegen die Beschreibung von Sola und Roush, die kon-statieren, daß ein Balken von n · √3 Linienabständen horizontaler Ausdehnung höchstens um n Systemlinien steigt bzw. fällt.10 Diese Aussage deckt sich nahezu eindeutig mit den Resultaten aus Wanskes Untersuchungen, welche einen maxima-len absoluten Steigungswinkel von 29◦ postulieren.11 8 Vgl. Chlapik (1987), S. 42. 9 Heussenstamm (1987), S. 30. 10 »[...] the slant (vertical change) should be equal to or less than one staff space for every approximately 1.7 (square root of 3) staff spaces of the beam’s length (horizontal run).« (Sola und Roush (1987), S. 13–14). 11 Vgl. Wanske (1988), S. 157. Die Gleichheit der beiden Aussagen ergibt sich leicht aus der Identität tan 30◦ = √3/3.