Präludium Aktuelle Probleme der Theoriegeschichte. Auch eine Laudatio Max Haas Meine sehr geehrten Damen und Herren,ich bin gebeten worden, die Laudatio für Hartmuth Kinzler zu halten. Bei der Aus-arbeitung des Textes ist daraus ein Festvortrag geworden. Er wird kurz werden – vorgesehen ist höchstens eine halbe Stunde –, trägt aber dennoch den anspruchsvol-len Titel » Aktuelle Probleme der Theoriegeschichte « . Dahinter steckt eine andere Geschichte, die ich kurz erzähle, damit das Folgende der Intention nach verständ-lich wird.Seit ich Hartmuth Kinzler vor fast 30 Jahren kennenlernte, lese ich seine Texte gerne. Wer selber Wissenschaft treibt, muss viel lesen. Man reserviert sich dabei ger-ne eine bestimmte Art von Literatur als geistiges Naherholungsgebiet. Das ist die Literatur, die man nicht unbedingt lesen muss, die einen aber wieder zum Arbeiten ermutigt. Das ist bei mir dann der Fall, wenn ein Autor mir Fragestellungen nahe-bringt, die meinen Horizont erweitern. Zu dieser Gattung der anregenden Literatur gehören für mich Hartmuth Kinzlers Aufsätze. Allerdings muss ich sofort gestehen, dass ich als Außenseiter lese. Ich arbeite wissenschaftlich fast nur im Altertum und Mittelalter, und das meist theoriegeschichtlich. So liefert zwar das Interesse an Theorie ein verbindendes Band zwischen Hartmuth Kinzler und mir, während in historischer Betrachtungsweise zwischen unseren jeweiligen Gegenständen Jahr-hunderte liegen. Unter dem Strich gelesen ergibt das ein gemeinsames Interesse an Theorie aufgrund sehr verschiedener Materialien.Daraus wird dann ein Festvortrag, wenn ich versuche, Hartmuth Kinzlers Arbei-ten aus dem ganz anderen Blickwinkel des Mittelalterforschers zu würdigen. Das heißt: ich werde sehr allgemein Probleme der Theoriegeschichte benennen und dann jeweils den Zusammenhang mit Kinzlers Arbeiten herstellen.1 Das geschieht hier in der Hoffnung, dass Fachleute wie Vertreter ganz anderer Disziplinen das 1 Ich beziehe mich dabei auf meine Darstellung in: Max Haas: Musikalisches Denken im Mittelalter. Eine Einführung, Bern etc. 2005. Auf einzelne Nachweise verzichte ich hier wenn möglich, weise also nur Zitate nach. Denn erstens wird man Genaueres zu angesprochenen Materialien dank Indices leicht in diesem Buch finden und zweitens möchte ich den Redetext nicht durch Fußnoten unnötig ins Akademische transformieren.