Die chronometrische Sprachfunktion Martin Haase » Die primitive Volkskultur ist der Mutterboden der Romania. Es ist zu bedauern, daß sie den meisten Romanisten völlig fremd bleibt; jeder Romanist sollte einen Teil seiner Zeit regelmäßig bei Hirten in den Abruzzen, in Sardinien, in den Pyrenäen, in Rumä-nien verbringen.« 1 Sprache und Musik Im Allgemeinen unterscheidet sich Sprache von Musik vor allem dadurch, dass mit-tels Sprache Sachverhalte kommuniziert werden, während in der Musik Gefühle vermittelt werden. Etwas linguistischer ausgedrückt, geht es bei der Sprache um Denotation, während in der Musik die Konnotation im Vordergrund steht. Selbst-verständlich haben sprachliche Zeichen auch Konnotationen und Musik kann auch denotative Zeichen enthalten, z. B. bei der Verwendung von Leitmotiven. Weniger bekannt ist, dass es auch sprachliche Äußerungen gibt, denen der denotative Cha-rakter fehlt. Wenn man das Saussuresche Zeichenmodell zu Grunde legt,2 dann handelt es sich bei solchen sprachlichen Äußerungen nicht um sprachliche Zeichen, da sie zwar eine Ausdrucksseite haben, nicht aber eine Inhaltsseite.Interjektionen Schon Leo Spitzer machte darauf aufmerksam, dass Interjektionen aus dem denota-tiven Bereich der Sprache herausfallen: Den Posaunentönen am nächsten stehen die Interjektionen […]: sie wirken wie absolute Musik, da sie keinen (gesprochenen) Text besitzen, wie Lieder ohne Worte.3 1 Heinrich Lausberg: Romanische Sprachwissenschaft, Bd. 1, Tübingen 1956, S. 13.2 Ferdinand de Saussure: Cours de linguistique générale, Paris 1916/1932, § 1.3 Leo Spitzer: Italienische Umgangssprache, Bonn etc. 1922, S. 2.