100 Martin Haase Ave, Maria, gratia plena, Dominus tecum;benedicta tu in mulieribus, et benedictus fructus ventris tui, Iesus. Sancta Maria, mater Dei, ora pro nobis peccatoribus, nunc et in hora mortis nostræ. Amen.Allerdings ist der eigentlich gesprochene Text eher als » Küchenlatein « zu qualifizie-ren, da er stark von der Vorlage abweicht. Hervorgehoben habe ich die Abweichun-gen in der folgenden Fassung einer meiner Informantinnen aus Mittelitalien Barba-ra Meloni (*1909) Colle S. Lorenzo (Foligno):Ave, Maria, grazia plena, Dominus tecu;benedetta tu in muliera, benedetto frutto ventris te Iesus. Santa Maria, madre Dei, ora pro nove peccatori, nunc ed in ora morte nostra. Amen.Das tecu am Ende der ersten Zeile ergibt im lokalen Dialekt der Informantin (oder im Italienischen) keinen Sinn; muliera sieht aus wie ein feminines Substantiv, das es jedoch als solches im Italienischen bzw. im lokalen Dialekt nicht gibt. Das Partizip benedictus wird italianisiert, ebenso wie fructus, wobei deutlich wird, dass die Be-deutung von fructus ventris nicht klar ist, denn ventris bleibt lateinisch. Möglicher-weise ist mit ventris+te eine vermeintliche Verbform gemeint (ventriste) oder ein ad-verbiales ven (?, möglicherweise von bene ›gut, sehr‹) mit dem Adjektiv triste ›trau-rig‹. Bei den weiteren Italianisierungen ist nove auffällig, es ist also von ›neun Sün-dern‹ die Rede. Die letzte Zeile ist syntaktisch nicht auflösbar.Dass der Text insgesamt komplett unverständlich ist, schadet ihm aber nicht in seiner Funktion als Text zur Zeitmessung. Er lässt sich aufgrund der verständlichen Einzelwörter leicht merken und kann somit immer wieder leicht und schnell repro-duziert werden. Auch das Vaterunser oder das Glaubensbekenntnis können zur Zeitmessung verwendet werden. Auf den folgenden deutschen Ausdruck wies mich Ewald Lang hin:(15) ein Vaterunser lang [E. Lang, p.c.]Im Maltesischen entspricht ihm:(16) Maltesisch:f’ kemm in wieviel tgħid sag.2s IMPERFEKTIV kredu.Credo ›indem du ein Credo sagst, ein Credo lang‹