114 Stefan Hanheide evangelischer Kirchenchöre Deutschlands und seines Reichsobmanns Christhard Mahrenholz als erste Veröffentlichung des Verbandes heraus.21 Diese Art Ordina-riumsvertonungen hat Distler im obigen längeren Zitat mit kanonischer Strenge in Verbindung gebracht. Tatsächlich findet sich kanonische Strenge in den beiden ers-ten zweistimmigen Sätzen – mit Ausnahme nur der Schlusswendungen, in denen Distler üblicherweise einen Dreiklang anstrebt, hier sogar ausnahmsweise Molldrei-klänge in ersten und dritten Satz. Im dritten Satz verwendet er eine freiere Imitation. Streng kanonisch komponiert sähe der Satz so aus:Notenbeispiel 5: Oberstimme des Distler-Satzes wie oben und veränderte Beantwortung im strengen Kanon Ein Großteil der Sätze der Sammlung arbeitet in zum Teil aufgelockerter Homopho-nie. Unter den imitatorischen Vertonungen finden sich vereinzelt weitere in strenger Kanonik (z. B. » Christe eleison « S. 15). Von einem Stilprinzip der Sammlung kann aber nicht einmal hier gesprochen werden. In Walter Blankenburgs ausführlicher Besprechung der Sammlung in der Zeitschrift » Musik und Kirche « (Nov./Dez. 1936)22 wird der Kanon als Kompositionsprinzip nicht erwähnt. Blankenburg zitiert Dist-lers Worte, dass » einer ausschließlich kultischen Zwecken dienenden, kanonischen Musik eine Musik gegenübersteht, die in der Verherrlichung des Gotteswortes ihr innerstes Wesen erkennt « . Diskussionspunkt ist dabei die Wiederholung von Wor-ten, die in kultischer Musik nicht vorkommen soll, wie in der Gregorianik. Der kul -tischen Musik steht die Verkündigungsaufgabe der Musik gegenüber. Distler ver-zichtet in dieser Sammlung weitestgehend auf Wortwiederholungen, anders als in seinem sonstigen kirchenmusikalischen Schaffen (s. u.). Blankenburg gibt zu beden-21 Lüdemann: Distler, S. 149 (s. Anm. 4).22 Walter Blankenburg: Neue Kultmusik. Zum Erscheinen der Liturgischen Sätze von Hugo Distler über altevangelische Kirie- (sic) und Gloriaweisen, in: MuK 8 (1936), S. 247–253. Blankenburg zitiert Dist-lers Worte, dass » einer ausschließlich kultischen Zwecken dienenden, kanonischen Musik eine Musik gegenübersteht, die in der Verherrlichung des Gotteswortes ihr innerstes Wesen erkennt « . Diskus-sionspunkt sind dabei Wortwiederholungen, die in kultischer Musik nicht vorkommen sollen, wie in der Gregorianik. Der kultischen Musik steht die Verkündigungsaufgabe der Musik gegenüber. Dist-ler verzichtet in dieser Sammlung weitestgehend auf Wortwiederholungen, anders als in seinem sonstigen kirchenmusikalischen Schaffen (s. u.). Blankenburg gibt zu bedenken, dass Distler in der zuweilen vorkommenden dramatischen Wortgestaltung den Boden kultischer Musik in Richtung Verkündigungsmusik verlasse.