130 Walter Heise Lieber Herr Heise,vielen Dank für die schönen Briefmarken aus der Alpenblumen-Serie. Was die umsei-tigen Parallelen angeht, so kann ich nur zwei sogenannte Akzent-Quinten entdecken.Zunächst der Gesetzestext: Kommentar bei Dachs-Söhner, HL 2. Teil, 9. Hauptstück: Einzelfragen, Paragraph 3: Zum Parallelenverbot, 3. Absatz: Akzentparallelen, 1. Satz: » Nach allgemeiner Ansicht werden Akzentparallelen, das heißt Parallelen, die auf metrisch schweren Taktteilen stehen, durch kurze ornamentale Zwischennoten nicht verbessert. Sie bleiben trotzdem fehlerhaft und verboten.« Der Gesetzgeber sieht jedoch auch Ausnahmen vor (ebd.): » Allerdings kommt es auf das Tempo an. Was im Allegro unmöglich, kann im Adagio noch zugelassen werden.« Wie Sie sehen, drückt sich der Gesetzgeber wieder einmal vor einer klaren Entscheidung und verweist sie – ohne diese konkret anzusprechen – an die unteren Instanzen, das subjektive Hören.Nun zum Tathergang: Der Beklagte hat in der von ihm als solche bezeichneten Inven-tion bei der Behandlung einer fremden, relativ beweglichen Sache (das Lullen im Vogel-land eines namentlich genannten Ausländers) in der fünften Zeile im dritten Takte sich des Vergehens einer Akzentquinte schuldig gemacht, begangen zwischen einem zwei-gestrichenen G und einem kleinen (!) c (worin sich die Heimtücke des Täters ausdrückt – wir nehmen an, mit einem großen C hätte es sich der Beklagte nicht getraut), da er diesen unmittelbar ein ebenfalls zweigestrichenes E respektive ein großes A im Folgetakt an- oder sollen wir besser sagen: zufügte.Die Einlassung des Täters, er habe zwischen den beiden inkriminierten Stellen im Baß einen Durchgang eingefügt, hat das Gericht als bloße Schutzbehauptung zu bewerten, da der Gesetzgeber in dieser Hinsicht eindeutig ist.Der Verweis des Täters auf sein jugendliches Alter (» Jugendsünde « ) kann vom Gericht nicht als strafmindernd angesehen werden, da zum einem die Tat selbst im hohen Alter – noch nach seiner Emeritierung! – erneut begangen wurde und zum anderen es über-dies an einer Stelle geschah, wo er von vornherein mit einer Entdeckung der Tat (» Hen-ning « !) rechnen mußte.Erschwerend kommt hinzu, daß die vom Täter behauptete Reue über seine Tat in Form eines Chorals einer echten Reue Hohn spricht. Unter der Hand wird gegen Ende der ersten Choralzeile das beanstandete Delikt erneut begangen, und zwar überdies in einer Form, die bis auf einige geringe Unterschiede – u. a. den einer bloßen Transposition – identisch ist mit dem Beispiel, das der Gesetzgeber selbst zur Demonstration der Ak-zentquinten (Notenbeispiel a. a. O.) verwendete. Das Gericht schließt sich daher der Auffassung an, daß eine derartige Beleidigung und Verhöhnung des Gesetzgebers nicht ungeahndet bleiben darf, und beschließt die Höchststrafe zu verhängen: die konzert-mäßige Erarbeitung der Quinten-Etüde von Aleksandr N. Skrjabin.Die Quinten-Kommission 2