» Von Interesse ist die Wirkung « 159 im Kontext von Kunst, wo das Sprechen über Code und Form ungleich wichtigere Gegenstände der Kommunikation sind. Durch die Differenzierung von metasprach-lichen und poetischen Funktionen von Kommunikation gelingt es, auch ein autono-mieästhetisches Handeln als Kommunikation zu verstehen; d. h. Kommunikation kann im idealisierten Fall auch dann vorliegen, wenn Codes und Formen aus-schließlich auf sich selbst zurückverweisen.21 Die Funktionale Pragmatik Jakobsons bietet sich als Kategoriensystem für die Beschreibung musikalischer Kommunikation geradezu an. Musikalische Perfor-mances sind immer multimedial: Sie arbeiten in der Regel gleichzeitig mit musika-lischen, wortsprachlichen und optischen Codes. Die musikalischen Codesysteme können darüber hinaus noch weiter differenziert werden: in das Medium des Tons, des Sounds sowie des Rhythmus bzw. der Bewegung.22 Diese mediale Vielfalt inter-pretatorisch auf einen Nenner zu bringen, ist oft problematisch. Mit der Analyse der funktionalen Elemente in der Kommunikation haben wir ein geeignetes Tertium comparationis, das eine Behandlung unterschiedlicher Zeichen auf derselben Ebene erlaubt. Vorüberlegungen: Implizite Hörer, Leser, Musiker, Komponisten Jakobsons Kategorien sind ideal, um performative Handlungen zu beschreiben. Zei-chen mit phatischer Funktion z. B. lassen sich viel häufiger in realer Face-to-face-Kommunikation beobachten als in geschriebener Sprache: ein Blick, eine kurze Ges-te, auch eine Geste in der Prosodie von Worten sichern Kommunikation genauso ab, wie ein » ach, übrigens …« , das sich verschriftlichen lässt. Zeichen emotiver und ko-nativer Funktion verbergen sich häufig im Klang von Stimmen, in Betonung und Tempo des Sprechens. Insofern prognostiziere ich Jakobsons Modell ein besonderes Potential bei der Funktionsanalyse von performter Musik. Insbesondere in der po-pulären Musik, die ihre Originalität durch die Performance erhält, sind hier inter-essante Ergebnisse zu erwarten. Allerdings ist das Modell Jakobsons auch nicht ex-plizit auf face to face-Kommunikation wie gesprochene Sprache oder Musik im Konzert beschränkt. Dementsprechend soll hier überprüft werden, in wie weit ein 21 Das alltagssprachliche Verständnis von Kommunikation sieht als Zweck der Kommunikation häufig die Übertragung von Information. Dieses Verständnis engt den Blickwinkel allerdings auf die Ver -weisfunktion ein. Versteht man Kommunikation als » Tätigkeit des wechselseitigen Zeichengebrauchs und der wechselseitig adäquaten Zeichendeutung zum Zwecke der erfolgreichen Verständigung, Handlungskoordinierung und Wirklichkeitsgestaltung « (Dieter Krallmann, Andreas Ziemann: Grundkurs Kommunikationswissenschaft, München 2001, S. 13) rücken weitere Aspekte in den Mit -telpunkt: Der kommunikative Zyklus kommt auch ohne wortsprachlich zu formulierende Bedeutun-gen von Musik zustande. Das adäquate Anschlussverhalten an Tanzmusik z. B. ist Tanz, viel seltener wortsprachliche Interpretation. Zwischen Tanzmusikern und Tänzern entsteht tatsächlich eine rezi-proke Verhaltensorientierung, die als Kommunikation zu beschreiben ist. 22 Siehe zu einer kommunikationstheoretisch begründeten Beschreibung der Medien Ton und Sound ausführlich Dietrich Helms: Auf der Suche nach einem neuen Paradigma: Vom System Ton zum Sys-tem Sound, in: Pop Sounds. Klangtexturen in der Pop- und Rockmusik, hrsg. v. Thomas Phleps und Ralf v. Appen (= Texte zur populären Musik 1), Bielefeld 2003, S. 197–228.