» Von Interesse ist die Wirkung « 171 Ich möchte hier folgende Kategorien phatischer Zeichen vorschlagen: –Viele phatische Zeichen lassen sich unter die Kategorie Spannung/Entspannung fassen. Spannung zu erzeugen bedeutet, dem Rezipienten Informationen vor-zuenthalten, von denen er weiß, dass sie eigentlich kommen müssten. Der Hörer wartet aufmerksam auf den Moment der Entspannung, der dann erreicht ist, wenn alle zu erwartenden Informationen vorliegen. –Phatisch wirkt aber auch eine Variation des Vertrauten. Zu dieser Kategorie möchte ich auch Steigerungen zählen, die einerseits das Bekannte additiv oder subtraktiv variieren, dann aber auch Spannung erzeugen, weil der Hörer das Prinzip schnell bemerkt und sich fragt, was als nächstes kommen könnte und wie weit die Steigerung führt. –Eine weitere Kategorie phatischer Zeichen sind Überraschungen, die allerdings nicht durch das Eintreten von etwas völlig Unerwartetem zustande kommen, sondern durch die Wahl eines Anschlusses, der aus der Menge der möglichen Anschlüsse weniger wahrscheinlich ist und so den Hörer zwar nicht provoziert, ihn aber doch aufmerken lässt. Ich fasse auch Kontraste mit unter diese Kate-gorie. –Schließlich gibt es auch Zeichen, die in ihren ursprünglichen Kontexten Auf-merksamkeit erheischen, die diese unmittelbare Funktion jedoch verloren haben und jetzt nur noch symbolisch für das » Achtung!« stehen: der Trommel- oder Paukenwirbel als Zeichen für eine öffentliche Bekanntmachung, das Hornsignal der Jagd, die Fanfare als Zeichen eines Auftritts, der Gong als Ankündigung des Endes einer Pause, die Quarte als Warnung vor dem nahenden Krankenwagen oder (im Tusch) als Index für die Pointe eines Büttenredners, die Rufterz, das Ge-läut der Kirchenglocken usw. Viele dieser Zeichen werden in der Musik einge-setzt, ohne dass sie eine unmittelbare Relevanz für die Hörer (z. B. als Warnung vor einer Gefahr) hätten. Meist haben sie keinen symbolischen Verweischarakter, sondern bewahren lediglich ihre ursprüngliche Funktion der Erzeugung von Aufmerksamkeit.Die » Finlandia « beginnt mit Elementen, die Spannung erzeugen. Der forte crescen-do gespielte, eine ganze Note ausgehaltene fis-Moll-Quartsextakkord wird eine klei-ne Sekunde abwärts in eine forzato erklingende Dissonanz geführt, die nicht aufge-löst, sondern abrupt von einer Generalpause unterbrochen wird und so wie ein Ausrufe- und Fragezeichen zugleich wirkt. Erst nach einem dritten Versuch wird der Sekundfall weiterentwickelt und nach A-Dur geführt. Die Wiederholung dieses Verlaufs (T. 10–17) wird durch eine Erhöhung um eine kleine Terz von fis- nach a-Moll und die Hinzuregistrierung der Trompeten aufgehellt – das Vertraute durch Variation interessant gemacht. Die Terzverwandlung von A-Dur nach a-Moll (T. 8–10) zwischen den beiden wiederholten Teilen tut ihr Übriges. Unterbrochen werden die beiden Teile durch eine ganztaktige, mit Fermate versehene Pause, die nur von