» Von Interesse ist die Wirkung « 175 tungen zu täuschen, zu überraschen und Symbole der Aufmerksamkeit einzuset-zen. Dabei provoziert er nie so sehr, dass der Hörer auf die Metaebene der Reflexion des Gehörten gerät.Emotive Funktion: Verweise auf den oder die Urheber Die Identifikation von Zeichen mit emotiver Funktion in Notentexten erfordert eini-ge Vorüberlegungen. In gesprochener Kommunikation vermitteln diese Zeichen dem Angesprochenen Hinweise über den Mitteilenden. Derselbe Satz, einmal mit einem drohenden, einmal mit einem ironischen » Unterton « gesprochen, kann für den Hörer einen großen Unterschied ausmachen. Emotive Zeichen erlauben ihm, Vermutungen über die Gefühle aber auch die Einstellung des Sprechers gegenüber dem Gesagten anzustellen. Jakobson beschreibt die Funktion emotiver Zeichen als » expression of the speaker's attitude toward what he is speaking about « und weist darauf hin, dass eine solche Einstellung auch gespielt sein kann, weshalb er nicht den Begriff » emotional « wählt.51 Ich möchte die Extension von Jakobsons Begriff » emotiv « noch etwas erweitern, um Aspekte einzuschließen, die er nicht explizit aufführt. Aus Erfahrungen in Tele-fongesprächen wissen wir, dass wir dem Klang der Stimme nicht nur Informationen über den emotionalen Zustand des Gegenübers und über seine Einstellung zu dem Gesagten entnehmen. Wir stellen auch – mal mehr, mal weniger bewusst – Vermu-tungen über das Aussehen des anderen an, über seine Herkunft, Größe, Körper-umfang, ja manchmal sogar über Details wie die Haarfarbe. All diese Informationen über den Körper des Gegenübers sind für die Bewertung des Gesagten von Bedeu-tung, helfen sie doch einzuschätzen, wie gefährlich und ernst gemeint eine Dro-hung, wie relevant ein Flirten, wie überzeugend ein Argument sein kann. Als Zei-chen emotiver Funktion möchte ich daher allgemein solche bezeichnen, die dem Zu-hörer Informationen über den aktuellen psychischen und physischen Status des Mit-teilenden liefern: Sie sind Ausdruck seiner Einstellung (d. h. der Bewertung des Ge-sagten), seines Fühlens, seiner Körperlichkeit. In performter Musik sind diese Zeichen schnell und einfach zu finden: Auf der Bühne des Konzerthauses kann der Zuschauer die Bewegungen und die Mimik der Musiker verfolgen und Rückschlüsse auf ihren körperlichen und emotionalen Zustand, aber auch auf ihre Involviertheit zu ziehen. Schallaufzeichnungen sind nur auf den ersten Blick entkörperlichtes Musikmachen. Besonders die Stimme der Sängerin oder des Sängers sagt hier viel mehr als die Worte des gesungenen Textes, die ohnehin schwer verständlich sind. In populärer Musik ist es gerade diese Aussa-gekraft, der Ausdruck von Emotionalität und Körperlichkeit, der ganz zentral zur Wirkung eines Songs beiträgt. Auch Instrumentalmusik auf einer Schallaufzeich-nung, ob Kunst- oder populäre Musik, ist bemüht, wie Nikolaus Harnoncourt fest-51 Vgl. Jakobson: Linguistics and Poetics, S. 354 (s. Anm. 13).